Mittwoch, 6. November 2024

»Die Schönsten deutschen Bücher 2024« in Leipzig

Der des Leipziger Bibliophilen-Abend lädt ein zur Vorstellung der »Schönsten deutschen Bücher 2024«.
Auch 2024 würdigte die Stiftung Buchkunst das vorbildlich gestaltete Gebrauchsbuch und vergab Auszeichnungen in drei Wettbewerben: »Die schönsten deutschen Bücher«, der »Förderpreis für junge Buchgestaltung« sowie »Schönste Bücher aus aller Welt«. 
Birte Kreft, Geschäftsführerin der Stiftung, und Nils Kahlefendt, Repräsentant der Stiftung in Leipzig und Macher des Podcasts »Leipzigs Neue Seiten«, werden den Jahrgang 2024 der »schönsten deutschen Bücher« präsentieren. Die jeweils fünf Prämierten in den Kategorien »Allgemeine Literatur«, »Fachbücher, Wissenschaftliche Bücher«, »Ratgeber und Sachbücher«, »Kunst- und Fotobücher« sowie »Kinder- und Jugendbücher« sind vorbildlich in Gestaltung, Konzeption und Verarbeitung. Sie zeigen eine große Bandbreite gestalterischer und herstellerischer Möglichkeiten sowie wichtige Trends und Strömungen der deutschen Buchproduktion.

Birte Kreft, Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst Frankfurt/M. und Leipzig,  & Nils Kahlefendt werden uf der nächsten Veranstaltung aus dem Jahresprogramm dieser regionalen Bibliophilen-Gesellschaft werden die preisgekrönten Titel im Haus des Buches Leipzig vorstellen.

12. November 2024, 18.30 Uhr

Haus des Buches Leipzig
Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig

Dienstag, 5. November 2024

Keine Bilder

Marc Berger ist Drucker. Und Setzer. Sowohl in der alten Technik des Buchdrucks und des Bleisatzes als auch in modernen Verfahren am Computer. Er arbeitet mit Schrift und den meist einfachen Dingen, die sich im Setzkasten finden. Dabei entstehen neben Büchern auch sogenannte Einblattdrucke: von der Postkarte bis hin zu Arbeiten in Plakatgröße. Keine Bilder, sondern sogenannte „Typografiken“. Typografie bedeutet „mit Schrift schreiben“. Vieles kann man lesen, manches ist abstrakt. Mit Schrifttypen kann man betonen, interpretieren, überraschen, verschönern, erfreuen …
Geschichte …, 2023, Bleisatz & Buchdruck, 50x70cm
Die Ausstellung zeigt eine erstaunliche Bandbreite, was man mit Schrift alles machen kann. Die verwendeten Texte sind vielfältig: von Aphorismen berühmter Leute bis hin zu selbst verfassten Sprüchen. Viele Arbeiten sind „Kritisch-pessimistische Hilfestellungen zum Zeitgeschehen“, auch wenn der Humor dabei nicht zu kurz kommt. Gezeigt wird eine Auswahl von Marc Bergers Einblattdrucken aus den letzten 35 Jahren – gewissermaßen sein „Frühwerk“.

Ausstellungseröffnung: 16. November 2024, 15 Uhr, Laudation: Helmut Müller, Musik: Hinrich Beermann, Saxophon
Ausstellung: 16. November 2024 – 15. Januar 2025

Galerie im Neuen Rathaus
Prenzlauer Allee 7, 17268 Templin

Drachen, Kobolde und Gespenster

Die 50. Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse (KIBUM) bietet mehr als 250 Veranstaltungen sowie ein Jubel-Funke(l)-Programm – Events, Lesungen und einer eigenen Ausstellung über Cornelia Funke.
Die erfolgreichste deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin ist Schirmfrau der KIBUM und reist für das Eröffnungswochenende der Messe aus Italien an. Mehrere Veranstaltungen widmen sich Funkes Arbeit, so etwa die Ausstellung "Cornelia Funke. Fantastische Welten in Bildern und Büchern". Die Ausstellung zeigt die Doppelbegabung der Autorin als Illustratorin und Geschichtenerzählerin fantastischer Welten. Besucher können sich auf über 100 Illustrationen, Coverentwürfe und Buchvignetten freuen. Vom ersten Kinderbuch "Die große Drachensuche. Oder Ben und Lisa fliegen aufs Dach der Welt" (1988) bis zur Fortsetzung der Tintenwelt-Trilogie "Farbe der Rache" (2023) werden in der Ausstellung Illustrationen aus verschiedenen Lebens- und Schaffensstationen Cornelia Funkes präsentiert.

Darunter auch erstmals gezeigte bebilderte Notizbücher, die Einblicke in Funkes Arbeit vermitteln. Die Ausstellung wird abgerundet von einem Kurzfilm, den die KIBUM in Funkes Wahlheimat Italien drehte, und von Exponaten von Sara-Christin Richter, die Figuren und Bühnenbilder für die von Funke eigens für die KIBUM geschriebene Geschichte "Das Pferd des Grafen" gestaltete.

Ausstellung: 9. - 19. November 2024
KIBUM-Ausstellungszentrum

Ausstellung: 25. November - 6. Dezember 2023
Bibliothekssaal BIS der Universität Oldenburg

Montag, 4. November 2024

artbook.berlin

Wieder zum gewohnten Termin, am dritten November-Wochenende, findet, von corn.elius und Hanneke van der Hoeven organisiert, die artbook.berlin statt.
Nach einem Starrt mit noch übersichtlicher Aussteller-Beteiligung 2012 in diesem Jahr zum 13. Mal, wenn man die artbook.berlin nord dazu rechnet, die mit reduzierter Teilnehmerzahl stattfinden musste.

In diesem Jahr werden knapp 100 Buchkünstlerinnen, Graphiker und Verlage in 3 Etagen ihr bibliophiles Schaffen vorstellen, darunter auch die Pirckheimer-Gesellschaft und der Berliner Bibliophilen Abend. Ein Höhepunkt für den BBA wird die Vorstellung ihres Schaffens durch die Künstlerin Barbara Beisinghoff am Sonnabend um 15 Uhr.
Präsentation des BBA auf der artbook.berlin 2023
Alle Aussteller stellen sich hier vor - auf dieser Seite findet man auch einen Rückblick auf die bisherigen Berliner Messern der Künstlerbücher und Kleinverlage.

Messe: 22. - 24. November 2024

Kunstquartier Bethanien
Mariannenplatz 2, 10997 Berlin/Kreuzberg

buchkunsttage München

Die Ausstellung zeitgenössischer Buchkunst im Lyrik Kabinett München fand erstmals 2008 und von da an alle zwei Jahre statt, bis zur pandemiebedingten Unterbrechung. Unter dem neuen Namen "buchkunsttage - Neue Buchkunst & Druckgrafik im Lyrik Kabinett" gibt es die Buchkunstausstellung Mitte November 2024 nun zum siebten Mal.
17 Buchkünstler, darunter Barbara Berisinghoff, corn.eliusHanneke van der HoevenEckhard Fröschlin, Peter J. Moosbrugger,, Nadine Respondek & Julia Penndorf, sowie Annette Vogel, zeigen Buchkunst von der großen gestalterischen Vielfalt. Einige Künstlerbücher ordnen sich zwischen zwei Buchdeckeln, bei anderen wird die Buchform vollkommen verlassen. Neben Büchern gibt es Mappenwerke, Grafische Einzelblätter, Papierobjekte, Originaldrucke im Postkartenformat und viel mehr Gedrucktes.
"Kupferstiche bewohnen", Klick auf die Abb. für weitere Informationen
Ein Künstlerbuch ist ein Kunstwerk mit vielen Dimensionen, die sich erst bei näherer Betrachtung erschließen. Meist können solche Werke nur hinter Glas gezeigt werden. Bei den Buchkunst-Tagen im Lyrik Kabinett haben die Besucher*innen die seltene Möglichkeit, die Bücher und andere Arbeiten aus der Nähe zu sehen, zu fühlen und als Gesamtwerk mit allen Sinnen zu erleben. Alle Künstler*innen sind während der Ausstellung anwesend.

Messe: 15. . 17. November 2024

Lyrik Kabinett
Amalienstraße 83a, 80799 München

Sonntag, 3. November 2024

Lesung: »Aber zuletzt wird die Form selbst zum Erlebnis«

Plakat zum 1. Berliner Graphikmarkt
der Pirckheimer-Gesellschaft
Offsetlithographie in Braun, 1975
Als ein Höhepunkt der derzeit laufenden Ausstellung von Dieter Goltzsche »ohne Bitterstoffe« lesen Matthias Heidenreich und Christian Ulrich Texte zu Kunst und Künstlern: »Aber zuletzt wird die Form selbst zum Erlebnis«.
Anlass der Ausstellung  ist ist der 90. Geburtstag des Künstlers in diesem Jahr. Gezeigt werden farbige Blätter aus den 1970er Jahren sowie Tuschzeichnungen, die seit 2012 entstanden sind.
Nach der Linie, die von Anfang an bei mir da war, kam ich zu Aqua rellen nach der Natur und zu flächigen Versuchen, welche dann, ab 1968, in die Temperabilder mündeten. Dort wurde mir klar, dass der Bildraum ein anderer zu sein hat. Es ging, wie es zur Malerei gehört, um das Zusammenstoßen der Farben, die Benachbarungen der verschiedenen Farben und um die Berücksichtigung des gan zen Formates – die Komposition! Das Rechteck braucht in seinem Untergrund proportionale Bezogenheiten an sich und eben keine räumlichen Untiefen.
Dieter Goltzsche »Die Lufthülle blinkt«, 2005, Mischtechnik auf Papier, 20,5 x 21 cm
In meinen späten Tuschen ist dieses Moment der proportionalen Bezogenheiten, der Balance der Teile, ebenfalls enthalten. Es bringt sich mit dem Viereck in Zusammenhang und ist nicht kaligrafisch gemeint. Das Weiß des Untergrundes braucht ebenfalls seine Ord nung. Die Motive sind nicht vorsätzlich zu verstehen, vieles ist aus dem Moment geboren – unter Ausschaltung des Denkens. Alle Vor- gänge sind – wie in der Musik – der Inhalt selbst. Es handelt sich um Identität und Energie als das eigentliche Ziel.

(Dieter Goltzsche, 2024)
Abbn.© ad
Ausstellung: seit 11.Oktober - 
Lesung: 7. November 2024, 19 Uhr

GALERIE AMALIENPARK - RAUM FÜR KUNST
Verein Kunst und Literatur Forum Amalienpark e.V.
Breite Str. 23,13187 Berlin

Radebeuler Grafikmarkt

Der Radebeuler Grafikmarkt ist der älteste ohne Unterbrechung durchgeführte Grafikmarkt in Sachsen. Der erste fand, ins Leben gerufen von der Pirckheimer-Gesellschaft, im Oktober 1979 unter Beteiligung von 24 Künstlern im Festsaal des Radebeuler Rathauses statt.
Seit 1990 wird der Grafikmarkt durch verschiedene Fördervereine, das Stadtarchiv, die Stadtgalerie und Verlage organisiert.

Peter Padubrin-Thomys

Den 46. Radebeuler Grafikmarkt, an dem über 300 Künstler teilnehmen, kann heute noch bis 18 Uhr besucht wer5den.

3. November 2024

Elbsporthalle
Altkötzschenbroda, An der Festwiese 4b

Samstag, 2. November 2024

Exlibris des Monats: Natalia Cernetsova für Willem van de Weerd

Warum von den vielen Exlibris, die ich mittlerweile kennengelernt habe, gerade dieses mich nicht loslässt? Vielleicht, weil ich nicht sicher bin, ob ich es völlig verstehe. Dabei hatte ich es auf den ersten Blick, leichtfertig genug, sofort thematisch eingeordnet, als die wohlbekannte Szene aus dem Fundus der Mythologie: Ein Frauenkörper, dazu ein riesiges Flügeltier, das sich ihr auf höchst verdächtige Weise nähert, das kann ja nur die Leda mit dem Schwan sein. Aber beim zweiten und dritten Blick stellte sich immer mehr Staunen ein, Verwirrung – und Verzauberung.
Eine Leda? nein – oder -? Eine Mädchengestalt, nackt, aber ihrer Anziehungskraft offenbar nicht bewusst, die schmalen Beine geschlossen. Mit wehendem Haar, den Kopf leicht geneigt – eine Verwandte von Botticellis Venus? Auch sie wird vom Wasser herangetragen, doch es scheint, dass sie vielmehr emporgleitet aus den weißen Wirbeln, die über der Tiefe mit Perlen spielen. Eine Schaumgeborene auch sie – ja sie erscheint geradezu durchsichtig vor dem Dunkel, das sie umgibt, schimmernd, als wäre sie selber aus Wasser.
Und der wilde Vogel? Der enttaucht ebenfalls der Gischt, sein Gefieder aber ist nicht schwanenweiß, sondern rot! flammend, möchte man denken – eine Art Phönix? –, der kommt in leidenschaftlicher Bewegung angebraust, man hört es förmlich, bricht ein in die Dunkelheit des still dastehenden Mädchens, vielleicht in ihr Warten? Sollte sich doch Jupiter in ihm verbergen, und was hier dargestellt ist, wäre eine Allegorie des ewig Männlich-Weiblichen?
Jedoch: Die Begegnung verläuft nicht so, wie wir es von unzähligen Bildern her kennen und erwarten. Sie berühren sich nicht einmal, die beiden Wesen. Aber ganz nahe sind sie sich, in all ihrer Verschiedenheit, und dabei sind sie – oder werden sie? – einander seltsam ähnlich. Der gebogene Schwanenhals, die fast überschlanken Mädchenarme – wie schwebend nebeneinander, als wollten sie sich umschlingen, aber ohne Fassen und Halten –, sie haben ganz dieselbe Form. Noch mehr Gemeinsamkeit deutet sich an: Die Haut des Mädchens erscheint als etwas hauchzart Pflanzliches, das Schwanenantlitz gleicht, bei näherem Hinsehen, einer langgestreckten Knospe. Und beide streben in dieselbe Richtung, obwohl nur ein Gewirr von trockenem Gestrüpp sie erwartet; mehr tastend als weisend deutet das Mädchen dorthin, während sie zugleich sich dem Feuersturm zuzuwenden beginnt … Nicht genug damit: Vor schwarzer (nächtlicher?) Fläche hebt sich hell, schemenhaft, ein Baumstamm ab, der sich in zwei Äste teilt; deren einer berührt sich mit Zweigen, die aus dem Kopf des Mädchens aufsprießen. Und die Früchte, die dort im Laub bräunlich reifen, sind Granatäpfel, mit ihrer reichen Symbolsprache von Lieben, Sich-Öffnen, Schenken …
Aber soviel man nun auch ikonografisch assoziieren, psychologisch analysieren mag: Einer festen Deutung entzieht sich das Bild. Man betrachte nur das Gesicht dieser Leda oder Najade oder Dryade (was immer sie denn ist, oder was alles zugleich sie ist?): Nichts verrät uns das Mona-Lisa-Lächeln der geschlossenen Lippen. Geschlossen sind auch die Lider, wie schlummernd – oder aber sind sie gesenkt, blicken die Augen nach unten? oder gar, was umso wahrscheinlicher scheint, je länger man hinsieht: stehen die Augen weit offen, ohne Pupillen in eine unendliche Ferne schauend, wie antike Statuen – ?
Ich würde niemals wagen, hierfür einen griffigen Titel zu erfinden. Allenfalls mit Abstraktionen ließe sich etwas vom Gehalt in Worte fassen, etwa als „Verbundensein / Sich-Ergänzen von allem, was lebt“, aber dann müsste gleich wieder ein Kommentar folgen: so wie auch Geist und Natur, Mensch und Traum …
Was nicht zuletzt gesagt sei: Das Blatt ist einfach wunderbar schön. Wenn man sich daraufhin weiteren Arbeiten von Cernetsova zuwendet, erkennt man sofort ihre unverwechselbare künstlerische Handschrift. Einige Motive kehren immer wieder: die vegetabilen Elemente, bestimmte Farben, die sie kontrastierend und zugleich behutsam einzusetzen versteht, auch der nymphenhafte Mädchentypus bleibt sich gleich. Neben ihrer hervorragenden Technik aber ist sie Meisterin darin, mit dem Intellekt und der Fantasie des Betrachters zu spielen, und immer, so wie wir es hier erfahren, belässt sie klug einen Rest von Geheimnis.

(Andrea Fritz)

Bulgarien im Grafikmuseum Stiftung Schreiner

Am 24. September 1994 wurde das Grafikmuseum Stiftung Schreiner mit einer denkwürdigen Schau zur Grafik Osteuropas im historischen Kurhaus Bad Steben eröffnet. Damals überließen Dr. Wolfgang Karl und Stefanie Barbara Schreiner insgesamt 252 Werke dem Freistaat Bayern, um ein Kunstmuseum in der oberfränkischen Provinz zu errichten.

Auch im Jahre 2024 hat das Grafikmuseum Stiftung Schreiner abermals eine überaus großzügige Schenkung von Stefanie Barbara Schreiner erhalten. Sie umfasst 377 Werke von 59 Künstlern aus Bulgarien mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der Grafikszene der Hauptstadt Sofia und zusätzlich 32 als ›Stampi‹ bezeichnete Ikonen aus Papier. Zwischen traditioneller Folklore und europäischer Moderne bilden sie alle wesentlichen Stiltendenzen in Einzelblättern sämtlicher Druck- und Zeichentechniken ab.

Dimo Kolev Kolibarov, Cycle „Return to the Nature“.
 Allegro (non troppo), 2010, Radierung & Aquatinta
© Künstler
Innerhalb des Sammlungsschwerpunkts ›Osteuropa‹ ist die Grafik aus Bulgarien somit die zentrale Bestandsgruppe des Grafikmuseums Stiftung Schreiner. Diese ist – samt der Dauerleihgaben der Peter und Irene Ludwig Stiftung Aachen – nun erstmals vollständig in der ausstellungsbegleitenden und von Museumsleiter Dr. Tobias Ertel und Stefanie Barbara Schreiner herausgegebenen Publikation »Grafik aus Bulgarien. Verzeichnis der Bestände im Grafikmuseum Stiftung Schreiner« als Band 1 der neuen Schriftenreihe »Schriften des Grafikmuseums Stiftung Schreiner« erschlossen.

Eine ausstellungsbegleitende Publikation ist während der Ausstellung zum Preis von 30 Euro, danach zum Preis von 35.- Euro erhältlich.  

Eröffnung: 10. November 2024, 11 Uhr unter Anwesenheit des Botschafters Grigor Porozhanov
Ausstellung: 10. November 2024 - 26. Januar 2025

Kurhaus Bad Steben

Freitag, 1. November 2024

Bibliophiles des Monats November: Kinder-Verwirr-Buch

Am 17. November begehen wir den 90. Todestag des deutschen Kabarettisten, Schriftstellers und Lyrikers Joachim Ringelnatz (eigentlich Hans Gustav Bötticher). In dessen Würdigung wurde als Bibliophiles des Monats November das von ihm verfasste „Kinder-Verwirr-Buch, mit vielen Bildern“ ausgewählt. Die Erstausgabe erschien 1931 im Rowohlt Verlag Berlin.
Der in 8°, farbig illustrierte Pappband mit 66 Seiten herausgegebene Buch, der übrigens an Erich Mühsams „Billys Erdengang. Eine Elephantengeschichte für artige Kinder“ (Bibliophiles des Monats Juni 2023) erinnert, enthält fünfzehn, meist ganzseitigen, Illustrationen nach Federzeichnungen des Verfassers.

Bereits zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, es war das letzte Kinderbuch von Ringelnatz, erteilten die an die Macht gekommenen Nationalsozialisten Ringelnatz Auftrittsverbote und die meisten seiner Bücher wurden beschlagnahmt oder verbrannt.
Nach 1945 wurden die Titel von Joachim Ringelnatz, so auch das vorgestellte Kinderbuch, zahlreich erneut aufgelegt, so in der BRD im Henssel Verlag in 3 Auflagen, in der DDR beim Eulenspiegel Verlag und gegenwärtig im Aurel Verlag in der Reihe Edition Kleine Klassiker als Band 34.

Buch des Monats_ Luis Krausz, O outono dos ipês-rosas

Buch des Monats der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft ist Luis Krausz, O outono dos ipês-rosas (Im Herbst der rosaroten Ipê-Bäume)

In diesem neuen Roman begleiten wir Martin Stieglitz, den Erben einer europäischen Familie aus der ehemaligen Donaumonarchie, die vor den Nazis nach Brasilien geflohen ist, auf seinen Wegen durch die Megacity São Paulo. Martin Stieglitz liebt es, durch die Straßen des Jardim Europa zu spazieren, die Gartenstadt, wo er in der Rua Suíça wohnt. Der Roman gliedert sich in zwei Teile – eine Gegenwart voller Gefahren und eine verklärte Vergangenheit unter dem Doppeladler, die mit der Zeit immer mehr verblasst.

Das Viertel Jardim Europa spielt im Leben des Protagonisten eine dominante Rolle. Beim Durchstreifen dieser Straßen bewahrt er sich seine Erinnerung an Europa und seine Kultur, bestehend aus klassischer Musik, der Kunst der Avantgarde und der Literatur aus der Zeit der Habsburger, die ledergebunden in seiner Bibliothek, genannt Stübchen, auf ihn wartet, sobald der Herbst naht. Martin Stieglitz ist eine Art Streetwalker auf den Spuren von Charles Baudelaire, der aber nicht durch die Passagen von Paris schlendert, sondern durch das Gartenviertel einer chaotischen, bedrohlichen Megalopolis in Südamerika

Während der erste Teil des Romans, Die unsichtbare Stadt, der Introspektion des Protagonisten gewidmet ist, steht im zweiten Teil, Die sichtbare Stadt, eine Party im Haus des steinreichen Marchand de Tableaux Martin Fuchs im Vordergrund. Das Erbe der europäischen Kultur wird zur Ware, die Sicherheit einer Gated Community beherrscht die Szene. Bei diesem Empfang wird deutlich, wie sehr Martin Stieglitz eine Rara avis ist, mit seiner Vorliebe für die Musik, die Literatur und die Erinnerung. Nicht von ungefähr spielt der Roman im Herbst, einer Jahreszeit, auf die in Europa der Winter folgt, wenn auch nicht in Brasilien.

Die Spaziergänge durch die Gartenstadt im Herzen von São Paulo enden im Jardim Paulistano vor einer seltsamen Skulptur: es ist eine einarmige Harfenistin: die Linke hält das Instrument, die Rechte greift ins Leere – ein abgründiges Symbol für den Niedergang der europäischen Kultur.

Nun eröffnet in diesen Tagen das Zentrum Paul Klee seine große Ausstellung Brasil! Brasil! Aufbruch in die Moderne – der richtige Zeitpunkt, um auch diesen ausgezeichneten Roman von Luis Krausz ins Deutsche zu übersetzen.

(Albert von Brunn, Zürich)

Luis Krausz, O outono dos ipês-rosas,
Recife: Cepe Editora, 2024