Montag, 8. August 2022

Tiefenbohrung. Eine andere Provenienzgeschichte

Eine zur Frankfurter Buchmesse erscheinende Publikation mit dem Titel „Tiefenbohrung. Eine andere Provenienzgeschichte“ wird die Geschichte des Deutschen Buch- und Schriftmuseums aus der Perspektive der Herkunft des musealen Kulturguts behandeln.

Hier ein Auszug* zur Bartsch-Sammlung der Deutschen Nationalbibliothek:

»Die papierhistorische Sammlung des österreichischen Finanzbeamten Franz Bartsch (1836–1910) ist nicht nur eine der weltweit bedeutendsten Buntpapiersammlungen, sondern auch besonders interessant hinsichtlich der unterschiedlichen Provenienzen ihrer Objekte. Neben Buntpapieren, d.h. nach der Herstellung als handgeschöpfte oder maschinell gefertigte Bogen in verschiedensten Techniken als Flächendekor veredelte Papiere, umfasst die Kollektion auch zahlreiche Papiermuster und Ephemera europäischer oder japanischer Herkunft.
Den Grundstock seiner Sammlung – vom japanischen Papiermuster bis zum europäischen Künstlerpapier – bilden die auf der Wiener Weltausstellung 1873 präsentierten asiatischen Papiermuster. […] Franz Bartsch gelingt es, „einen erheblichen Teil der ausgestellten japanischen und chinesischen Papiere für seine Sammlung zu erwerben“. Neben Mustern japanischer Washi-Papiere sind vor allem Chiyogami, in verschiedenen Techniken veredelte Buntpapiere, sowie zahlreiche Anwendungsformen vom handgeschöpften Toilettenpapier über Papeteriewaren bis hin zu Papierkleidung vertreten.

Japanisches Buntpapier, um 1909. Foto: DNB
Im ausgehenden 19. Jahrhundert wendet sich Franz Bartsch als Sammler auch europäischen Papieren zu, künstlerische Buntpapiere seiner Zeitgenossen werden sein Hauptsammelgebiet. Er trägt über 1.000 Blätter von etablierten Künstlern (u.a. Kolo Moser, Josef Hoffmann oder Otto Eckmann), von Buchbindern (Hugo Ochmann), aber auch von Gestalterinnen (u.a. Lilli Behrens, Elsa Gallwitz oder Helene Dolmetsch) zusammen. Neben österreichischen und deutschen Kunsthandwerkern finden sich auch zahlreiche Gestalter aus anderen europäischen Ländern in seiner Kollektion. […]
Auf den Blättern dokumentiert Franz Bartsch diese Provenienzen äußerst genau: Er vermerkt handschriftlich Angaben zur Herkunft, das Eingangsjahr, bisweilen auch Preisangaben und kennzeichnet die Papiere mit seinem Eigentums- bzw. Sammlungsstempel. Begleitet werden diese Angaben durch einen umfangreichen Zettelkatalog mit Querverweisen zu Gestaltern, Werkstätten und Verlagen – Beispiel einer sorgfältigen und umfassenden Sammlungsdokumentation par excellence.
Notizen von Franz Bartsch auf Objekt-Rückseiten. Foto: DNB / Christine Hartmann
Franz Bartsch verstirbt am 26. November 1910 und vermacht „testamentarisch seine mehrere tausend Objekte umfassende Sammlung dem Deutschen Buchgewerbeverein Leipzig“. Da die Bestände der umfangreichen Buntpapiersammlung im Keller des Buchgewerbehauses aufbewahrt wurden, überstehen sie den Zweiten Weltkrieg, während ein Großteil der übrigen Sammlungen zerstört wird.«
* Gegendertes wurde korrigiert

Ernst, Wolfgang / Jacobs, Stephanie / Lupfer, Gilbert / Savoy, Bénédicte / Schaffner, Ingrid / Köchlin / Joana Katte, Torsten: Tiefenbohrung, Provenienzgeschichten aus dem DBSM der DNB, Leipzig
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern/Berlin, Oktober 2022
416 Seiten, 183 Fotografien, 20 x 16 cm
ISBN 978-3-7757-5249-7, ca. 26 €

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