Dienstag, 3. Oktober 2023

Exlibris des Monats – Anna Tikhonova-Yordanova für Nely van de Weerd

[...] Wofür, wenn nicht für diese Melancholie, setzt Anna Tikhonova-Yordanova, eine in Belarus geborene, jetzt in Bulgarien lebende Künstlerin, auf ihrem Exlibris für Nely van de Weerd die Farben des Herbstes ein? Ich erinnere mich an andere Exlibris der Künstlerin, die ich vor längerer Zeit gesehen habe. Da hat sie ihre Arbeiten häufig auf schwarzem Papier gestaltet, im Golddruck zum einen und mit Zusatzmaterialien zum andern, zum Beispiel liebte sie an zwei Stellen befestigte weiße Fäden, die sich bewegten und so spielerisch Verbindungen zwischen zwei weißen Objekten auf dem schwarzen Karton herstellten.
Auf dem abgebildeten Exlibris sieht man die spielerische Raffinesse von Annas Tikhonovas Technik besonders deutlich. Anfänglich nimmt man mit reiner Freude die Farbgebung wahr, das Braun in verschiedenen Farbgraden von hell- bis dunkelbraun, fast schwarz, das Orange, das Gelb, das Weiß, dann ist man entzückt an dem Gegensatz zwischen der fast naturgetreu gemalten Blume, obwohl man sie nicht eigentlich bestimmen, benennen kann, und dem seltsamen braunen, mit weißen Linien durchzogenen Hintergrund, fragt sich, was das ist: ein Feld? Oder ein Baumstamm? Man ist erstaunt über das kleine weiße Kreissegment auf der linken Seite, in dem der Eignername vermerkt ist. Dadurch erhält das Blatt ein ungewöhnliches Format – außer, wenn man es als Teil des Bildes deutet.
[...]
Wenn man so will, könnte man also letztlich doch auch eine herbstliche Stimmung erkennen, aber nicht die übliche traurig-melancholische, sondern eine lebens- und liebebejahende, die eines mit dem Geschehen, das vielleicht auch im Sinne von Goethes rätselhaftem „Stirb und Werde“ gedeutet werden könnte, In-Einklang-Stehens.

(Ulrike Ladnar, komplette Beschreibung hier)

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