Schiller-Fälschungen in Weimar |
Gabriele Klunkert, Mit fremder Feder Weimarer Verlagsgesellschaft 2023 |
Tatort Weimar. Um 1850 ereignete sich dort ein spektakulärer Kriminalfall. Der Architekt
Georg Heinrich Carl Jakob Victor von Gerstenbergk fälschte in großem Stil Briefe, Gedichte, Dramenfragmente und Notizen von
Friedrich Schiller und brachte sie über ein weitläufiges Netz von Mittelsmännern in Umlauf. Als Mitglied eines alten Erfurter Adelsgeschlechts und Offizier eines Preußischen Infanterieregimentes verfügte er über exzellente Kontakte bis in die höchsten Kreise. Ganz Weimar war involviert. Auch
Caroline Wilhelmine Johanna Riemer gehörte unwissentlich zum Netzwerk der Hehlerinnen und Hehler. Sie war
Johann Wolfgang von Goethes Sekretärin und Gesellschafterin seiner Ehefrau Christiane gewesen. Die vermeintlichen Schriftzeugnisse des Goethe-Freundes Schiller fanden reißenden Absatz. Zu den prominenten »Kunden« zählten die Königliche Bibliothek in Berlin, Großherzog
Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach und 1853 sogar Schillers eigene Tochter
Emilie von Gleichen-Rußwurm.
Entdeckt wurden die Fälschungen 1854 durch den Autographensammler
Wilhelm Künzel. Die Polizeidirektion Weimar schaltete sich ein. Nach einem öffentlichen Aufruf, verdächtige Schiller-Handschriften am Kreisgericht abzugeben, wurden 416 Dokumente sichergestellt und kriminaltechnisch analysiert. Lediglich vier Originale von Schiller waren darunter, der Rest stammte von der Hand Heinrich von Gerstenbergks. Am 27. Februar 1856 kam der Fälscher vor Gericht und wurde nach einem Verhandlungstag zu zwei Jahren Strafarbeitshaus verurteilt.
Das Goethe- und Schiller-Archiv beleuchtet diesen ersten großen Fälschungsskandal der deutschen Literaturgeschichte in einer Ausstellung und einer Reihe von Vorträgen, Filmen und Fachgesprächen.
(BvB, Verband Deutscher Antiquare)
Ausstellung: 15. September - 17. Dezember 2023
Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar
Klassik Stiftung Weimar
Burgplatz 4
99423 Weimar
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen