Dienstag, 17. Oktober 2023

Sibylle Wieduwilt: „Ein schönes Buch behauptet sich“

Antiquarin Sybille Wieduwilt in ihrem Antiquariat „Tresor am Römer“ in der Braubachstrasse. © Renate Hoyer
Vor der Frankfurter Buchmesse werden "[...] wie in jedem Jahr ... wieder die Unkenrufe laut, wie lange gedruckte Bücher noch ihren Stellenwert besitzen werden. Die jüngste Statistik des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels [...] zeigt: Die Zahl der Lesenden ist erneut gesunken. Macht nur noch eine Minderheit in der Bevölkerung aus. Doch Wieduwilt, die bis vor einem Jahr den Verband Deutscher Antiquare führte, will von negativen Szenarien nichts wissen. Sie urteilt sanft, aber bestimmt, wie das so ihre Art ist: „Ein schönes Buch wird sich immer behaupten.“ [...] Für Sibylle Wieduwilt begann die Liebe zum Buch, als sie etwa zehn Jahre alt war. Sie ist in der DDR geboren und aufgewachsen, in Jena. Und schon als Kind verbrachte sie viel Zeit am Arbeitsplatz ihrer Mutter, eben einem Antiquariat. In der DDR besaßen die Läden mit alten Büchern eine ganz andere Funktion als in der Bundesrepublik. „Sie dienten der Versorgung der Bevölkerung mit Literatur.“ [...] Die Jugendliche las viel schwer zugängliche Literatur aus den USA oder der Bundesrepublik. Die Texte von Heinrich Böll oder von Gabriele Wohmann hatten es ihr besonders angetan, auch der US-Autor James Baldwin. „Ich habe alle verschlungen, die heute keine Bedeutung mehr haben“, sagt sie mit wehmütigem Unterton. Die Bücher waren begehrte Tauschobjekte in ihrem Freundeskreis in der DDR. Die Bücher besaßen in der DDR einen ganz anderen Stellenwert als zur gleichen Zeit in der Bundesrepublik. [...] Nach dem Fall der Mauer kam im Osten, wie es die frühere DDR-Bürgerin formuliert, „die große Zeit des Abbaus“. Für die gelernte Antiquarin und ihren Ehemann stand fest: Wir müssen weg, in den Westen. [...] Nach der Wende wurde im Westen gerne behauptet, es habe in der DDR kaum literarisch wertvolle, lesenswerte Bücher gegeben. Die Antiquarin hält klar dagegen: „Natürlich gab es eine eigenständige, gute DDR-Literatur.“ Für sie sind Christa Wolf und Christoph Hein wichtig gewesen. „Aber es wurde in der DDR anders gelesen als im Westen, nämlich zwischen den Zeilen. [...] "

(Claus-Jürgen Göpfert in Frankfurter Rundschau, 11.10.2023, gesamten Artikel lesen)c1b2a

Frankfurter Buchmesse: 18. - 22. Oktober 2023

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