Ein Jahr mit spannenden Herausforderungen geht zu Ende. Neben voranschreitenden Bauarbeiten, dem Umzug von mehr als 1000 Schriftkästen aus dem Außenlager in neue Räumlichkeiten, einhergehend mit der Sortierung und Registrierung, hatten unsere Mitarbeiter ihre tägliche Arbeit zu bewältigen. So veranstalteten wir Führungen und Workshops, es waren Stipendiaten des Vereins für die Schwarze Kunst zu Gast, denen wir unser Handwerk lehren durften, und natürlich gab es die laufenden Aufträge.
Ganz besonders beschäftigte uns ein Auftrag, es handelte sich um die Replik einer Seite der 42-zeiligen Bibel Gutenbergs. Nach vielen Recherchen konnten wir die geeignete Schrift dafür ausfindig machen: die Bibelschrift der Dale Guild Type Foundry, ein sehr exakter Nachschnitt jener Type, die Gutenberg nutzte. Die Matern waren längst nicht mehr in Amerika, sondern in Antwerpen, aber wer könnte sie gießen? Unsere Kollegen im polnischen Lódz liehen uns eine kanadische Spezialvorrichtung für die Monotype Supra. So war es möglich, erstmals eine Komplettguß-Mater der Bibeltype bei uns abzugießen. Der Versuch gelang, die Zeit floss allerdings bei diesen grenzübergreifenden Kollaborationen auch schneller als gedacht dahin. Schließlich schickte uns Patrick Goossens, der Besitzer der Matern, amerikanische Restbestände der Lettern. Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt!
Es ging weiter und neue Herausforderungen taten sich auf: Eine lateinische Abschrift wurde als Hilfestellung nötig. Zudem hatte Gutenberg nicht einfach ein Alphabet geschaffen, sondern die Handschriften seiner Zeit originalgetreu wiedergeben wollen. Und so weist seine 42-zeilige Bibel mehr als 240 verschiedene Typen auf, die wir gar nicht alle hier abbilden können. Welches der vielen »e« ist nun an dieser Stelle, welches an jener? Welches »a« hat die gutenbergsche Vorlage hier, welches dort? Eine wahre Sisyphusarbeit!
(Eckehart SchumacherGebler)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen