Zum 75. Todestag des Autors und zum 75. Jahrestag der Uraufführung des berühmten Stücks von
Wolfgang Borchert „
Draußen vor der Tür“ ergänzt die
Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg den Nachlass um zwei kleine Konvolute.
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Zeichnungen und Widmungsband Borcherts für seine Bekannte Johanna Ritter-Krems, Ende 1946 |
Im Mai 1945 schleppte sich der 24-jährige Wehrmachtssoldat Wolfgang Borchert nach vier zermürbenden Jahren voller Fronteinsätze, Lazarettaufenthalte und Prozessen wegen Wehrkraftzersetzung in seine Heimatstadt Hamburg zurück. Anfang November 1945 wurde er ins Krankenhaus eingeliefert, wo er als medizinisch hoffnungsloser Fall eingestuft wird.
Auf dem Krankenhausbett schrieb Borchert sein erstes größeres Prosastück.
Die Hundeblume erschien als Zeitungsdruck im April/Mai 1946. Die Erzählung, in der ein zum Tode verurteilter Gefangener eine kleine Blume im Gefängnishof zum Objekt seiner Sehnsucht macht, überraschte durch einen bisher unbekannten Ton. Zurück zu Hause, rang sich Borchert in den kurzen Fieberpausen weitere Erzählungen ab, die Themen wie Krieg, Heimkehr, Heimatlosigkeit, Einsamkeit, Lebens- und Liebeshunger, Familie und Kindheit behandeln. Am 20. November 1947 starb Wolfgang Borchert 26-jährig im Clara-Spital in Basel.
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg hat den Nachlass Borcherts seit 1976 verwaltet und erschlossen. Der Bestand konnte nun noch erweitert werden: Aus einem privaten Nachlass konnte die Stabi fünf Zeichnungen Wolfgang Borcherts – darunter ein Selbstporträt –, eine signierte Erstausgabe seines Gedichtbands Laterne, Nacht und Sterne und einen gewidmeten Weihnachtsgruß erwerben. Entstanden sind die Zeichnungen Ende 1946. Sie verweisen auf ein selten beachtetes Talent des Autors, der als Gelegenheitszeichner Bekannten eine Freude machte oder eigene Texte illustrierte.
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Postkarten Borcherts an Heinrich Christian Meier, Januar bis Juli 1947 |
Ergänzt werden konnte der Nachlass zudem durch ein zweites Borchert-Konvolut aus einem Kieler Antiquariat. Das Konvolut versammelt vier Postkarten, die Borchert zwischen Januar und Juli 1947 an den Hamburger Schriftsteller Heinrich Christian Meier schrieb, der die Schriftleitung in der Kulturzeitschrift
Das Neue innehatte. Die Karten berichten vom Willen Borcherts, trotz seines stetig schlechter werdenden gesundheitlichen Zustands am Kulturleben teilzunehmen und seine Texte zum Druck zu befördern. Sichtbar wird auch seine politische Haltung. In einer Karte, gestempelt am 13. Juli 1947, dankt er Meier für Gedichte, die dieser ihm schickte, und führt aus: „Wissen Sie auch, daß wir unsere Augen weit weit offen halten müssen, um nicht noch einmal durch solche Hölle zu müssen – der Kampf ist noch lange nicht zu Ende!“.
(Konstantin Ulmer)
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