Der Pirckheimer Christian Bartsch bietet auf der 29. Leipziger Antiquariatsmesse einen besonderen Aktenkoffer an - 287 interessante und aufschlussreiche Original-Schreiben, die sicher ein authentischeres Bild über das "Leseland DDR" geben, als es die derzeitige Wanderausstellung der "Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur" vermag.
Der damalige Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann wandte sich 1983 mit einer Umfrage zu Literaturvorlieben an ausgewählte Bürger der DDR, darunter zahlreiche Größen der Literatur, Bildenden Kunst, Darstellenden Kunst, des Films, der Wissenschaft, aber auch der Politik, des Militärs oder Sports.
Es antworteten u.a. der Schriftsteller Volker Braun, Peter Hacks, Erik Neutsch, Eberhard Panitz, Rudi Strahl, Christa Wolf und Bildenden Künstler, darunter Karl-Georg Hirsch, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Gerhard Voigt, sowie Filmschaffenden und die ehemalige BE-Intendantin Ruth Berghaus, die Schauspieler Annekathrin Bürger, Inge Keller, Hans-Peter Minetti oder Peter Sodann, die Tänzerin Gret Palucca, Komponisten wie Siegfried Matthus oder Joachim Werzlauf, die Pianistin Annerose Schmidt, Frank Schöbel, Sigmund Jähn, der nach dem Kahlschlag-Plenum entlassenen, ehemalige stellv. Kulturministers Günter Witt u.v.m.
Im Anschreiben von Kulturminister Hoffmann heist es: „Schon seit langem beschäftigt mich der Gedanke, die Bedürfnisse nach Literatur in unserem Lande [...] genauer zu erkunden. [...] Ich wende mich daher mit der ungewöhnlichen Bitte an Sie, mir freundlicherweise jene Bücher – es sollten etwa zehn sein - zu nennen, die bei Ihnen einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben [...] Mit einer kurz gefaßten Begründung wage ich zwar nicht zu rechnen – gestehe aber freimütig, daß sie mir willkommen wäre.“ Ziel der Umfrage war neben den „Persönlichkeiten unseres Landes“ „die Erfahrungen eines sozial wie altersmäßig weit gefächerten Leserkreises im Umgang mit Literatur unterschiedlichster Genres [...] und geografischer Herkunft“ zu erkunden.
Tatsächlich kamen die meisten Antwortenden dem Wunsch, teilweise auch in Form einer längeren Begründung, nach. Die meisten Schreiben bringen Überraschung und Freude über die ungewöhnliche Anfrage zum Ausdruck.
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