Die Oldenburger Künstlerin Heike Ellermann, bekannt als Autorin und Illustratorin von Kinderbüchern, seit einem Jahrzehnt auch mit Künstler- und Malerbüchern, hat ein neues Kapitel in ihrem facettenreichen Werk aufgeschlagen: Bilder zu Gedichten. Zwischen den textnahen Illustrationen und den textfreien Künstlerbüchern nehmen diese Bilder eine Mittelstellung ein. Der assoziative Bezug zum Text bleibt erhalten, und doch sind es ganz eigenständige Variationen auf ein im Gedicht angestimmtes Thema. Streng gebunden im Format einer Buchseite entfalten sich Heike Ellermanns Bildgedichte. Es sind keine Illustrationen, keine gegenständlichen und erzählenden, mithin keine epischen Bilder. Es sind lyrische Bilder, freier und zugleich in seiner Formsprache gebundener Ausdruck. Jedes Bild eine Antwort, ein paariger Tanz mit dem Text-Gedicht.
Luftschlösser
Die Schwalben sind ausgewandert aus dem Kinderland Ausgewandert das Kinderland Die Kinder alt geworden Ich im Niemandsland baue Luftschlösser aus Papier |
Das weiße Blatt Papier als stumme Herausforderung dichterischer Arbeit, dieses wiederkehrende Motiv in der Lyrik Rose Ausländers finden wir wieder in den Bildern. Blätter und Papiere, Texträume mit Schriftzeilen sind angedeutet. Schrift wird sichtbar, aber nicht lesbar, ist verdeckt und wieder frei gekratzt, bleibt Spur, Kürzel, Verweisung auf sich selbst und über sich hinaus. Eine einheitliche Grundfarbe in jedem Bild eröffnet einen flächigen Bildraum, in dem Figuren eher schweben als fixiert sind. Wer diese Bilder anschaut, wird eingeladen zum Aufenthalt, zum Innehalten, zum Schauen und Lesen – vor und zurück.
(Rudolf Fietz)
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