Donnerstag, 4. September 2014

Der Traum eines Traums

Paul Heyse und »Der letzte Centaur«

"Wieder liegt ein Buch der Pegasus Presse von Peter J. Moosbrugger in Königsbrunn vor, das als kleines Gesamtkunstwerk zu betrachten ist: Paul Heyses Der letzte Centaur. Mit Farbholzschnitten von Louise Heymans, zum 100. Todestag des Autors ediert. ...
 
Der Centaur erschien 1860 in Argo, dem Organ des Rütli. 1870 überarbeitete Heyse die Novelle und fügte die Rahmengeschichte der (toten) Künstler um Buenaventura Genelli (1798–1868) hinzu – ein Nachtstück, doch nicht in der Manier des E.T.A. Hoffmann, nicht unheimlich und bedrohlich, sondern als »taghelle Nacht«, durchflutet von »sommerwarmem Mondschein«, zur Erinnerung an die »unvergeßlichen« Nächte mit seinen Freunden. Kunstvoll durchschreitet Heyse verschiedene Bewusstseinsebenen, führt vom eigenen Erleben ausgehend zum Wiedersehen mit den Toten (»ich hätte es mir nicht träumen lassen, daß ich noch einmal das Vergnügen haben würde«), denen er huldigt, hin zur übernatürlichen Kernnovelle, die doch wiederum eine Satire auf die Moderne ist.
Die Weinrunde der Toten könnte problemlos mit Lebensdaten von Malern im Umkreis des klassizistischen Genelli versehen werden. In Bildern Genellis hatte Heyse die Anregung zum Centaur, und so ist es denn auch dieser, der – als Ich-Erzähler in der Ich-Erzählung – die Begegnung mit dem »letzten Centaur« als authentisch vorträgt. ...
 
Das Buch umfasst 72 Seiten, ist in 100 Exemplaren durch Oskar Bernhards Rehlensche Handpresse in Nördlingen gedruckt, auf dem weichen Büttenpapier »Alt Worms« – als eine bewusste Reminiszenz an das »samtweiche Fell« des Centaurs – und durch Karen Begemann, Hamburg (Obermeisterin der Buchbinder-Innung Hamburg und Schleswig-Holstein), von Hand geheftet und gebunden: Nummern 1 bis 85 als Ganzleinenband mit schwarzer Rücken- und Deckelprägung auf beigem feinen Leinen im gleichfarbigen Leinenschuber; die Nummern I bis XV als Unikateinbände durch »Meister der Einbandkunst (MdE)« mit beigegebener signierter Zeichnung.
Der Satz beweist hohe Sorgfalt, in der Auswahl der Type, von Schriftgrad und Zeilenlänge, des Durchschusses, in der Plazierung der bestechenden schlichten Titel und Eingangsinitialen in der Vorsatzfarbe ebenso wie in der der Pagina, beim Ausschließen, beim Satzspiegel mit angemessen breiten Rändern. Das Satzbild der Doppelseite des aufgeschlagenen Buchs wirkt sehr schön. Der Text ist von Hand gesetzt in der »Centaur« des amerikanischen Typografen und Buchgestalters Bruce Rogers. In der Tat wird es zum veritablen Geniestückchen, diese der Novelle Heyses gleichnamige Schrift aufgegriffen zu haben....
Als Buchkünstlerin wurde die junge Louise Heymans gewählt, die 2011, im Jahr ihres Studienabschlusses und Diploms (Studium der Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg), mit dem Förderpreis der Hans-Meid-Stiftung für Buchkunst und Illustration ausgezeichnet wurde. Für den Letzten Centaur schuf sie neun dreifarbige Holzschnitte und das Holzschnittvorsatzpapier in rötlichem Ocker – alle von den Originalstöcken abgezogen –, ebenso den Entwurf zur schwarzen Einbandprägung.
... Heymans gelingt es mit ihren Holzschnitten in der Tat, für uns zwischen den Welten und den Zeiten zu übersetzen.
Das Buch wird zu einem ganz besonderen – und ist einfach eine Freude!"
(Dr. Irmgard Heidler, Bobingen)
 
Paul Heyse: Der letzte Centaur
Mit Farbholzschnitten v. Louise Heymans
Königsbrunn: Pegasus Presse Peter J. Moosbrugger, 2014
Ganzleinenband im Schuber, nummeriert, signiert, Euro 348

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