Im Jahre 2013 erschien der achte und vorerst letzte Band der „Sämtlichen Briefe“ Felix Mendelssohn Bartholdys (1809-1847), der die Briefe von 1841 bis Ende August 1842 enthält. Im Band 6 sind Briefe von 1836 bis 1838 abgedruckt. Diesen Band habe ich mir im Rara-Lesessal der Staatsbibliothek Unter den Linden angesehen, um zu prüfen, ob ein Brief, den Mendelssohn am 3. Dezember 1838 an den Schriftsteller Theodor Winkler gerichtet hat, dort enthalten ist. Diesen Brief hatte ich nebenher bei bibliographischen Recherchen in der „Täglichen Rundschau“ von 1882 gefunden. Mein Sammlerherz schlug höher, als ich bemerken musste, dass der Brief unwahrgenommen im Orkus des Vergessens verschwunden war. Dort soll er nicht bleiben. Er, oder vielmehr der ganze Rundschau-Artikel, in dem er enthalten ist, wird der Mit- und Nachwelt wiedergegeben, zunächst in dieser Form des Blog-Beitrages, aber nicht ohne die begründete Hoffnung, dass er dereinst in einen Schluss- oder Nachtragsband der Mendelssohn-Briefausgabe aufgenommen wird.
Wiederum lasse ich bei dieser Gelegenheit das Wehgeschrei über die schlimmen Zustände in der bibliographischen Welt erschallen und weise darauf hin, dass die Inhaltserschließung der Zeitungen des 19. Jahrhunderts eine dringendst zu erledigende Aufgabe ist, zu der sich Wissenschaftler, bibliographische Fachleute, öffentliche Hände aller Art und eigentlich die gesamte Kulturwelt zusammentun müssten. Der unbekannte Mendelssohn-Brief ist nur ein Beispiel unter Dutzenden, mit denen belegt werden kann, wie nachlässig mit den kulturellen Erbschaften umgegangen wird. Um 1900 schon haben Heinrich Hubert Houben, Max Herrmann und andere das Projekt der Zeitungserschließung angemahnt und Vorschläge zu seiner Realisierung gemacht. Houbens Musterbibliographie der Feuilletonbeiträge der Vossischen Zeitung ist auf diesem Gebiet bis heute eine einmalige bibliographische Pionierleistung geblieben. Um 1980 ist unter Befürwortung des unvergessenen Paul Raabe ein erneuter Versuch unternommen worden, Bewegung in die Sache zu bringen. Leider aber hat auch dieser Vorstoß zu nichts geführt.
Genug gewehklagt! Es folgt hier der Text des Zeitungsartikels aus der „Täglichen Rundschau“ von 1882, S. 1065.
(Ulrich Goerdten)
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