Dienstag, 28. November 2023

Bibliophiles von Alfred Richard Meyer

Der Verleger, Schriftsteller und Bohemian Alfred Richard Meyer (1882–1956), auch unter dem Pseudonym „Munkepunke“ benannt, gründete 1907 seinen „Ein-Mann-Verlag“. Ein erster Schritt war der Privatdruck Ahrenshooper Abende (Untertitel: Fünf lyrische Pastelle) in 500 nummerierten Exemplaren. Sich in expressionistischen Kreisen bewegend, veröffentlichte A. R. Meyer die Werke von Dichtern wie Heinrich Lautensack, Paul Zech und Gottfried Benn, der großen und allseits bewunderten Else Lasker-Schüler, Alfred Lichtenstein oder des zweisprachigen Yvan Goll. Die ersten Dokumente von Futurismus und Orphismus im deutschsprachigen Raum – darunter F. T. Marinettis Futuristische Dichtungen (1912) und Guillaume Apollinaires Gedichtzyklus Zone (1912) – würden in diesem Umkreis in der Reihe der Lyrischen Flugblätter (1907–1924) erscheinen.
Unter seinem Pseudonym schrieb er auch eigene Werke: Munkepunkes Malzbonbons (1918), Des Herrn Munkepunkes Gastronomische Bücherei (1919), Des Herrn Munkepunkes Cocktail- und Bowlenbuch (1920), Munkepunkes Dionysos (1921, mit Lithographien von George Grosz, bei Gurlitt). Neben anderen schönen Publikationen veröffentlichte Meyer 1920 ein großformatiges Buch im Pappband mit Buntpapier-Bezug: Paul GavarniDie Schule der Pierrots. Titel und 8 lithographische Tafeln nach Gavarni. Berlin-Wilmersdorf: A. R. Meyer 1920. Einmalige Auflage von 60 Exemplaren, davon 10 auf Japanpapier. Handdrucke von A. Rogall, Berlin N. W. 52.
Gavarni, die Schule des Pierrots
A. R. Meyer, Berlin 1920
Abbn. © Staatsbibliothek zu Berlin
Die Lithografien sind eine Auswahl aus der originalen Serie der L’école des Pierrots, die zwischen 1851 und 1853 entstand. Der Pierrot ist eine Figur aus der zu Zeiten des französischen Zeichners, Grafikers und Karikaturisten Paul Gavarni (1804–1866) Lebzeiten populären Pantomime- und Maskenkultur. Die Protagonisten machen unter dem Deckmantel einer „Persona“ derbe Witze, missbrauchen Alkohol und benehmen sich auch sonst zügellos. Die komplette Serie besteht aus 20 Lithografien, die alle signiert (in der Meyer-Ausgabe natürlich nicht mehr möglich) sind. Realisiert wurden die Blätter vom berühmten Berliner Drucker Arthur Rogall, mit dem Meyer mindestens noch eine bibliophile Ausgabe produzierte: Empire von Henry Moses, und 14 Tafeln, die der Maler, Grafiker, Illustrator Moritz Retzsch zu Balladen von Goethe und von Schiller in Kupfer stach.
Nach Herbert Günthers Erinnerung (Alfred Richard Meyer (Munkepunke), der Mensch, der Dichter, der Verleger. In: Imprimatur) wurden viele der wertvollen künstlerischen Blätter in Alfred Richard Meyers persönlicher Bibliothek aufbewahrt, aber am Ende des letzten Krieges verbrannte seine Sammlung "... eine: „Bibliothek voller Rara, Rarissima, Unika, Widmungen, bibliophiler Kostbarkeiten, Dokumente, Erinnerungsstücke aller Art.

(Maria Bogdanovich)

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