Fotos © Michael Steiner |
Bei einem verlängerten Wochenende in London habe ich keinen gesonderten Bücherbummel geplant, sondern diesen in das Tagesprogramm einfach eingebaut. London kommt solchen spontanen Entschlüssen mit einem tadellos funktionierenden U-Bahn-System sehr entgegen und in kürzester Zeit gelangt man von einem Stadtteil in den nächsten oder von einer Flussseite auf die andere. Großzügige Öffnungszeiten von Buchhändlern und Antiquariaten lassen keine Hetze aufkommen, denn man ist meist auch am Abend noch sehr willkommen.
Von der U-Bahn-Station Waterloo ist es ein kurzer Spaziergang zum Southbank Book Market, der sich unter der Waterloo-Brücke am Themse-Ufer ausbreitet und damit wirbt, täglich geöffnet zu sein, unabhängig vom Wetter (das will in London schon etwas heißen!). Ich hatte Glück, denn bei Sonnenschein macht das Stöbern zwischen Büchern unter freiem Himmel natürlich auch Spaß. Der Büchermarkt bietet vom Kinderbuch über viele geschichtliche Themen bis zu Drucken und Karten eine ganze Menge. Unter den ganz wenigen deutschsprachigen Büchern habe ich mit "Der kleine Goldfischteich. In vielen Farben" ein Exemplar der Insel-Bücherei Nr. 255 entdeckt und für meine kleine Teilsammlung "Weitgereiste Exemplare" erworben. Die gut lesbare Widmung auf dem Vorsatz verrät, dass eine Sally zu Weihnachten 1938 mit dem Büchlein beschenkt wurde.
Die U-Bahn-Station Leicester Square ist dann der perfekte Ausgangspunkt für den Besuch der (einst?) legendären Büchermeile Charing Cross Road und deren kleiner Seitenzeile Cecil Court. Sicher sind die Ladenantiquariate in der Charing Cross Road auch deutlich weniger geworden, aber Institutionen wie "Any Amount of Books" oder "Quinto" sind einen Besuch wert. Alte Kostbarkeiten in Leder werben im Eingangsbereich um die Gunst der Käufer und wer zum Stöbern kommt, geht in die Kellerräume, die teilweise vor Büchern überquellen - für den einen Bücherliebhaber genau das, was er sich wünscht, für den nächsten eine Zumutung. Möge jeder Besucher für sich entscheiden. Ein interessantes Detail auf dem Weg in einen solchen Bücherkeller ist das Plakat "Buchläden statt Bomben" - ein zeitloses Bekenntnis nicht nur für Buchhändler, Antiquare und Leser ....
Ganz anders geht es dann im Cecil Court zu, denn hier sind ausgesuchte Antiquariate unter sich und so manche Rarität dürfte schon den Besitzer gewechselt haben. Leider hält man sich hier auch an bei uns übliche Öffnungszeiten und so konnte ich lediglich Tim Bryars einen Besuch abstatten. Bei einem netten Gespräch kamen wir auf das Thema "Bücher über Bücher" und er fragte mich, ob ich in Interesse an einem Buch über antiquarische Buchhändler hätte. Für 20 englische Pfund konnte ich so meine Bibliothek nun um ein Exemplar "A Second Book of Booksellers" erweitern, das nette Geschichten über antiquarische Buchhändler erzählt und von der Autorin Sheila Markham (vorab) signiert und vom Antiquar Tim Bryars für mich gewidmet wurde mit "Bought in the right place" (Am richtigen Ort gekauft), denn Tim Bryars ist einer der im Buch vorgestellten Antiquare.
Einige Bildeindrücke des Kurzbesuches, der bis auf einen fast dramatischen Rückflug (Umkehr nach wenigen Minuten in der Luft wegen eines geborstenen Cockpitfenster-segments) unbedingt eine Fortsetzung braucht, denn es gibt in London noch ungezählte Antiquariate in der City und auch weiter draußen am Rand der Metropole ...
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