BUCHKUNST – KÜNSTLERBÜCHER
KLABUND „Das tanzende Terrarium. Grotesque sentimentale“
Die :Büchergilde Buchhandlung am Wittenbergplatz lädt zu einer Buchpremiere und Ausstellung ein. Matthias Friedrich Muecke stellt das neue originalgrafische Siebdruckbuch „Das tanzende Terrarium. Grotesque sentimentale“ und die Künstlerbücher seiner „Edition-Mueckenschwarm“ vor.
Wer echte Buchkunst zu schätzen weiß und außerdem Humor besitzt, kommt mit der aktuellen Mueckenschwarm-Edition fraglos auf seine Kosten. Anregung zu dem Projekt gab diesmal Klabund. Obgleich der Dichter als Symbolfigur der Goldenen Zwanziger gilt, hat man ihn heute fast schon vergessen. Immerhin schrieb er den Gedichtzyklus »Das tanzende Terrarium« vor rund einhundert Jahren. Was den Maler, Grafiker und Buchgestalter Matthias Friedrich Muecke an den Versen reizte, liegt für den, der bisherige Arbeiten von ihm kennt, auf der Hand. Es sind die Elemente, mit denen die Kunst jede Normalität unserer Welt außer Kraft setzen kann: Skurriles, Witz und Absurdität. So tanzen und schweben groteske Gestalten durch das Buch, dem es auch sonst weder an Kuriositäten noch an erotischen Anspielungen fehlt. Vereint zur Gang, jagen Aquarianer nach dem »Plankton der Zeit«. Hier zündet ein Feuersalamander in Cowboykluft sieben Scheunen an, da springt der Tigerfisch aus dem Teich und reißt ein Kalb, dort bettelt ein Prolet nicht etwa um Geld, sondern um Sonnenwürmer für seine hungernden Molche. Die schmalhüftige Libellula Immaculata breitet kokett ihre Flügel aus, während an anderer Stelle ausgerechnet die Posthornschnecke zum Liebeskurier avanciert. Ob die Annonce zur Neubesetzung des Beckens Lydias Interesse weckt, das klärt kurzerhand der Zeichner. Bravourös treibt Muecke den Unsinn stets auf den Gipfel, bläst frischen Wind ins Bild, manchmal sogar, im Sinne der Überhöhung, eigene Worte.
Kaum zu glauben, dass diese »Grotesque sentimentale« einst die Zensur auf den Plan rief, wie das Nachwort berichtet.
Im Ergebnis besticht das Buchobjekt neben sorgsam aufwendiger Machart durch höchst phantasievolles Zusammenspiel von Textinhalt und bildkünstlerischer Form. Blatt für Blatt entfaltet sich vor den Augen des Betrachters ein grandioses Gesamt(feuer)werk – Nonsens pur in Versen und Bildern.
Martina Hanf
Matthias Friedrich Muecke
1965 in Berlin geboren,
Ausbildung zum Maler/Restaurierung,
Abendstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee,
seit 1988 freiberuflich künstlerisch tätig.
1993 Gründung der Galerie KRAFÜNF, Berlin-Mitte
(bis 1997). Seit 2001 Arbeit als freier Szenenbildner und Filmarchitekt,
2002 Kinderbuch „Rita und der tollste Papa der Welt“, seit 2009 Buchprojekte in der Edition Mueckenschwarm,
Vernissage: 5. September 2015, 19:00 Uhr,
die Herausgeberin Martina Hanf (AdK Berlin) spricht über das Manuskript „Das tanzende Terrarium. Grotesque sentimentale
Ausstellung: ab 5. September 2015
:Büchergilde Buchhandlung am Wittenbergplatz
Johanna Binger GmbH
Kleiststr. 19 - 21 10787 Berlin