Das Verhältnis der erzählenden Enkelkinder zu ihren Großeltern ist ganz unterschiedlich, es reicht von Zuneigung und Verbundenheit über Bewunderung bis hin zu Ablehnung und Hass. Selbst wenn ein Enkel erst nach dem Tod des Großvaters oder der Großmutter geboren wurde oder diese nur als kleines Kind erlebt hat, wirkt das Leben der Großeltern bewusst oder unbewusst in der Enkelgeneration weiter.
Viele Geschichten sind Ausdruck des Versuchs, sich in fortgeschrittenem Alter zu erinnern beziehungsweise die noch vorhandenen eigenen und fremden Erinnerungen zusammenzutragen, ein Versuch, der nicht selten in Ernüchterung endet, im Bedauern, die Großeltern nicht über ihr Leben, ihre Erfahrungen und Erlebnisse befragt zu haben, solange das noch möglich war. In einigen Erzählungen ist auch vom Schweigen in der Familie die Rede, welches durch das Niederschreiben der Geschichte durchbrochen wird.
Die Autorinnen und Autoren kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Da ihre Großeltern zum Teil aber in anderen Ländern lebten, finden sich im Buch auch Geschichten aus Italien, Frankreich, Polen, Tschechien, Ungarn, der Ukraine, Israel, Pakistan und der DDR. Und es zeigt sich, dass die Krisen des 20. Jahrhunderts, in erster Linie die beiden Weltkriege, der Holocaust, Flucht und Vertreibung, in den verschiedenen Ländern zu ganz unterschiedlichen Schicksalen führten.
Wolfram Schneider-Lastin (Hg.), Fragen hätte ich noch. Geschichten von unseren Großeltern
Zürich: Rotpunktverlag 2024
256 Seiten, 21.5 × 14.5 cm, Gebunden
ISBN 978-3-03973-039-1
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen