Grafische Mappenwerke und Einzeldrucke in der Weimarer Galerie Hebecker
Wer Kunst aus der DDR präsentieren will und dabei kaum Grafik zeigt, bedarf einer Ergänzung. Somit tritt der großen Ausstellung im Neuen Museum Weimar die neue Präsentation der Galerie Hebecker an die Seite. An ihren Grafiken spürten die Künstler die Reaktionen auf ihre oft kritischen Botschaften. Und dank erschwinglicher Preise trug Grafik zur demokratischen Kunstverteilung bei.
Wer Kunst aus der DDR präsentieren will und dabei kaum Grafik zeigt, bedarf einer Ergänzung. Somit tritt der großen Ausstellung im Neuen Museum Weimar die neue Präsentation der Galerie Hebecker an die Seite. An ihren Grafiken spürten die Künstler die Reaktionen auf ihre oft kritischen Botschaften. Und dank erschwinglicher Preise trug Grafik zur demokratischen Kunstverteilung bei.
Immerhin 155 Grafikmappen wirkten zur differenzierten Kunstentwicklung mit – im Auftrag von Parteien und Massenorganisationen, vom Kulturfonds der DDR, Staatlichen Kunsthandel, Verband bildender Künstler oder Ateliergemeinschaften wie in Erfurt, von der die Jahresgabe „Schatten“-Blätter zu sehen ist.
Von „Altenbourg bis Zettl“ ist die Ausstellung kühn überschrieben, von A bis Z, alles umfassend. Aber mit 37 Künstlern und ihren Werken der 1940er-Jahre bis 1989 umspannt sie einen pluralen künstlerischen Spielraum, weilt bei Altenbourg in den lyrisch unbestimmten Wildnissen der Psyche, weist bei Zettl ins Metall geritzte glasklare Analyse vor.
Jeder war bestrebt, einzigartig zu sein. Dabei suchten sie oft bei Dichtern, wie Arendt, Bobrowski, Böll, Brecht, Bulgakow, Dostojewski oder den Manns, „Tangenten“.
Mit der gediegenen Ausbildung erwarben die Künstler ein profundes Können. Grafische Werke europäischer Spitzenklasse werden zu Grundmodellen von Arbeit und Solidarität, Glück und Leid und anderen präsentiert, die Sisyphos-Holzschnitte Wolfgang Mattheuers, das sterbende Pferd Fritz Cremers oder Hans Theo Richters Mutter mit Kind, deren Zuneigung zueinander er poetisch zart erfasst. Die deutsche Schuld an den Verbrechen in Lidice klagt schon 1948 Horst Strempel in einer kaum bekannten, aber großartigen Radierung an.
Heinz Plank, Aus dem Leben des Galilai, © für die Abb.: Galerie Hebecker |
Vor allem weist die Präsentation Meister der Kunst Senefelders aus: Lithografien zur Dreigroschenoper von Bernhard Heisig, ein Druckerexemplar an Horst Arloth von Arno Rink, „Am Kreuz“ von Werner Tübke oder ein Liebespaar von Willi Sitte. Als Meister der Asphaltschab-Technik zeigt sich Rolf Münzner, bei dem in subtilster Manier aus geschabten Linien eine Figurenwelt in Erscheinung tritt. In ihrer ästhetischen Souveränität versteckt Ursula Mattheuer-Neustädt Hunderte Motive im Schablitho-Blatt „Phantasie“ und verwandelt die Bildfantasie des Berliners Horst Hussel in dem großen Farbholzschnitt „Der Magier“ Wirklichkeit in Kunst.
Wolfgang Mattheuer, aus Sisyphos © für die Abb.: Galerie Hebecker |
Der naive Albert Ebert fasziniert in der Mappe „Varieté-Zauber“ mit veränderten Szenen auf dem Umdruck des Bühnenrahmens und teilweise abgeschliffenen Stellen. Mit Mitteln der Übertreibung, Satire und Groteske verweist das sezierende ökologische Blatt „Der falsche Antonius“ von Baldwin Zettl mit christlicher Ikonografie auf jenen von Padua, der vor Fischen predigt, die zu ihm die Köpfe aus dem Wasser hoben, wobei sein Kupferstich von 1989 das Wasser verlandet und mit Müll verschüttet zeigt.
Einen Rückblick auf den jungen Heinz Plank und seinen rationalen Weltentwurf bietet die Radierfolge „Aus dem Leben des Galilei“ von 1972 gegen die doktrinäre Erzwingung der Lüge.
„Planks neue Malerei eines oszillierenden Universum“ indes wird derzeit bis zum 19. Januar von den Erfurter Hebeckers gezeigt. Im gesteigerten surrealen Stil malt Plank virtuos wie Genesis und Apokalypse zusammenfallen, der Zwiespalt geboren wird, Elemente entstehen und sterben, die Leere nach der Zeit.
Auf der Suche nach originärer Individualität entwickelten die Künstler handwerkliches Können, um nicht allein mit virtuos kombinierten Techniken zu brillieren, sondern um eine gestalterische Dichte und fantasievolle Zeichenfindung zu erzielen.
Vieles wird über Zeit und Leute ausgesagt − und alles verweist zudem auf aktuelle Bedeutungen.
(Peter Arlt in: Thüringer Allgemeine, 3. Januar 2013)
(Peter Arlt in: Thüringer Allgemeine, 3. Januar 2013)
Ausstellung: 15. Dezember 2012 bis 16. Februar 2013
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen