Buchbinder haben zunächst die Aufgabe, einzelne Blätter in eine handliche und kompakte Form zu bringen. Doch die Meister ihres Faches haben einen viel höheren Anspruch: Sie streben danach, durch ihre Arbeit die Besonderheit ihres Auftragswerkes nach Außen sichtbar zu machen. Eine besonders innovative Gemeinschaft von Kunsthandbuchbindern ist die Schweizer "Kreativgruppe "Buch und Form". Auf Einladung des Hafenmuseums, Bremen zeigten drei Mitglieder der Gruppe und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter, dass sie auf Wunsch sogar Wasser falten können.
Für die aktuelle Ausstellung haben sich drei renommierte Kunsthandbuchbinder aus der Schweiz und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter mit Phantasie, Originalität und bewundernswerter Kunstfertigkeit der Aufgabe angenommen, das unfassbare Element auf ästhetische Weise greifbar zu machen. Ihre Resultate sind ganz unterschiedliche Liebeserklärungen an das Buch.
Als formale Klammer hatten sich die Buchkünstler für das Leporello entschieden: Das traditionelle Faltbuch, das sich, wie es heißt, der gleichnamige Diener des Frauenhelden Don Juan ausgedacht habe, um die schier endlose Liste der Eroberungen seines Dienstherren zu katalogisieren. Für ihr gemeinsames Thema haben die vier Buchhandbinder ganz verschiedene Ausdrucksformen gefunden. Da werden weiche Wellen durch eine ebenso flexible wir robuste Struktur aus Papierstreifen simuliert, eine holzschnittartige Oberfläche assoziiert die undurchdringliche Tiefe des Meeresgrundes, Licht wird in transparenten, flexiblen Kunststofffolien eingefangen, das Spiel der Farben auf dem Wasser durch Digitaldrucke wiedergegeben. Manche der Objekte der Ausstellung sind Bücher im klassischen Sinne – sie geben sich als edle kleine Gedichtbände zu erkennen, als Alben, in denen Schätze wie Briefe oder Fotografien gehütet werden könnten, Kladden aus feinem Bütten, die auf Skizzen oder Tagebucheintragungen warten. Bei anderen ist die Funktion zweitrangig – sie könnten als selbstbewusste Kunstwerke für sich stehen.
Edwin Heim und seinen Kollegen geht es in ihren spektakulären Arbeiten auch darum, Aufmerksamkeit zu schaffen für die wichtige Arbeit der Buchbinder: "Denn ohne uns gäbe es keine Literatur", sagt der vielfach ausgezeichnete "Meister der Einbandkunst".
Um die Zukunft des Buches mache er sich zwar keine Sorgen.
Auch wenn manche Gattungen – wie Nachschlagewerke – mit der Schnelligkeit und Informationsfülle des Internets nicht konkurrieren könnten, steige die Gesamtzahl der Publikationen weiterhin. Doch in den meisten Fällen seien die Titel nicht darauf angelegt, gehütet zu werden, um wie einst Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte zu überdauern: Dann tut es auch optische Uniformität. "Das ist eigentlich schade, denn unsere Arbeit wird als erstes wahrgenommen, wenn man eine Buchhandlung betritt", bedauert der Fachmann. Dennoch fürchtet er nicht um die Zukunft seines Berufsstands: "In einem schönen Bildband oder einer Gedichtsammlung zu blättern, das Papier zu fühlen und zu riechen, ist ein Genuss, der viele Sinne anspricht.", sagt Edwin Heim. " So etwas können die neuen Medien eben nicht."
Ausstellung: noch bis 5. Mai 2013
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