Von Oktober 2020 bis November 2022 wurden der Universitätsbibliothek Leipzig im Rahmen des Projekts „Die Erschließung und Digitalisierung koptischer Papyri (sog. K-Tafeln) im Bestand der Papyrus- und Ostrakasammlung der Universitätsbibliothek Leipzig“ die letzten noch unbekannten Stücke der Papyrus- und Ostrakasammlung erstmalig systematisch untersucht und für die Forschung erschlossen. Insgesamt wurden mehr als 750 koptische literarische Fragmente – überwiegend auf Papyrus, aber auch auf Pergament und Papier – katalogisiert. Und was dabei zutage gefördert wurde, kann man guten Gewissens als einen kleinen Schatz bezeichnen. Es scheint sich dabei nämlich um die Überreste der Bibliothek eines christlichen Klosters in Ägypten zu handeln.
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Die Buchdeckel für die Einbände koptischer Kodizes wurden aus miteinander verklebten Papyrusfragmenten hergestellt. Bei diesem Beispiel aus dem Leipziger K-Tafel-Konvolut lassen sich noch Reste eines fajjumischen literarischen Textes erkennen (P.Lips. inv. 3490) |
Was ihren Inhalt (und auch ihre Datierung) angeht, sind die Leipziger Fragmente von bemerkenswerter Kohärenz. Die Papyrusfragmente, die etwa ins 7. bis 8. Jahrhundert zu datieren sind, lassen sich anhand von Textgattungen in zwei Gruppen aufteilen, die mit ihrer dialektalen Verteilung übereinstimmen. Unter den sahidischen Papyrusfragmenten finden sich neben Bibeltexten hauptsächlich homiletische Texte – also antike Predigten. Besonders bedeutend sind unter den Sahidica einige Fragmente mit Versen aus dem alttestamentlichen Buch Daniel, die bisher im sahidischen Dialekt nicht überliefert waren.
Unter den fajjumischen Fragmenten fehlen Bibeltexte hingegen völlig – mit Ausnahme eines Blattes aus einem Lektionar, also einer Handschrift mit Bibelpassagen zum liturgischen Gebrauch im Gottesdienst. Stattdessen handelt es sich bei den fajjumischen Papyrusfragmenten häufig um Bruchstücke apokrypher Erzählungen, die Ereignisse aus der Bibel ausschmücken oder neues Material zu biblischen Persönlichkeiten liefern. So findet man in Leipzig fajjumische Fragmente aus der Visio Pauli – einem Text, der eine Jenseitsreise des Apostels Paulus beschreibt und der in seiner lateinischen Version großen Einfluss auf die Entstehung von Dantes Göttlicher Komödie hatte – oder Bruchstücke aus dem apokryphen Leben Adams und Evas, für dessen koptische Version(en) man bisher überhaupt nur zwei Fragmente kannte.
(
Vincent Walter, kompletter Beitrag
hier)
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