Die Schrift, im Internet aufrufbar, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Sie ist entgegen den damaligen Bräuchen nicht in Latein, sondern in Deutsch verfasst, und es wird in ihr die Frage erörtert, ob es „dem Frauenzimmer erlaubt sey, die Arzeneykunst auszuüben“. Die deutsche Sprache wählt der Verfasser „mit gutem Vorbedacht“, damit „ihr Frauen euch nicht mit der Unwissenheit entschuldiget“. Vielmehr soll der Text zur „Lehre und Warnung“ dienen, und dem „Frauenzimmer“ wird aufgegeben, ihn aufmerksam zu lesen und künftig danach zu handeln. (S. 8)
Seinem künftigen Kollegen erklärt Börner, dass Theologen und Juristen sogleich nach Beendigung des Studiums ein gutes Einkommen erwarten dürfen, während der Arzt, „prangt er gleich noch so schön mit dem großen D; zeigt er sich gleich mit noch so gravitätischen Schritten auf den Straßen; ziert ihn gleich Kleid, Perrüque und Hut noch so schön“, oft lange vergeblich wird warten müssen, ehe sich ein Kranker meldet, „der von ihm auf den Kirchhof versetzet seyn will“. Wie die Bönhasen den zünftigen Handwerkern, so machen Quacksalber, Barbiere, Feldscherer, Bader und Apotheker dem Arzt Konkurrenz, auch „Geistliche und Weltliche, Juden und Mönche, Kramer, ja sogar alte Weiber, Schäfer und Scharfrichter“ erlauben sich Übergriffe in die „Arzeneykunst“, teils durch „abergläubische, altvettelische und gottlose“ Curen, womit sie die Kranken eher zugrunde richten als sie zu heilen.
Börners negatives Urteil über das „Frauenzimmer“ ist auch durch Berichte über gelehrte Frauen, die Kranke behandelt haben, wie „Margarethe in Pohlen, Fantula von Rogiero oder Hildegard von Bingen“ nicht zu erschüttern. Seine misogynen Ansichten gipfeln in dem Satz: „... das weibliche Geschlecht ist völlig von der ausübenden Arzneykunst auszuschließen, und durch obrigkeitliche Befehle davon abzuhalten“. (S. 13) Ihr Amt ist vielmehr „die Küche zu verwalten und das Hauswesen in Acht zu nehmen“. Denn zur Heilkunst gehört „auch etwas mehrere Wissenschaft [. . .] als die, welche die Weiberchen aus der Frau Großmutter ihren Handkörbchen haben“. (S. 14)
Über soviel gockelhafte Überheblichkeit kann die heutige Leserschaft nach fast 300 Jahren nur den Kopf schütteln. Wir sollten aber auch nicht versäumen, einmal vorauszuschauen und zu überlegen, ob in 300 Jahren nicht vieles, was gegenwärtig herrschend ist, dann ebenso lächerlich und veraltet erscheinen könnte.
(Ulrich Goerdten)
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