Siegfried Guggenheim (1873-1961) - Ein jüdischer Mäzen der Buch- und Schriftkunst
Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Siegfried Guggenheim (1873 – 1961) hat in Offenbach am Main der Kulturgeschichte in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zu bedeutenden Leistungen verholfen.
Eng befreundet mit Rudolf Koch, einem der führenden Schrift- und Buchkünstler seiner Zeit, und anderen Künstlern in dessen Umfeld, unterstützte er deren Schaffen finanziell. Die Künstler würdigten dies mit regelmäßigen Gaben von Proben ihrer Arbeit an den Mäzen. In besonders schlechten Zeiten beauftragte Guggenheim Koch und seinen Kreis mit der Schaffung einzelner Werke. Die auf diese Weise entstandene Sammlung von Unikatwerken zeigt das gesamte Spektrum des Schaffens von Koch und seiner Offenbacher Werkstatt, zu der Künstler wie Karl Vollmer, Friedrich Heinrichsen, Fritz Kredel und andere zählten. In Einzel- wie Gemeinschaftsarbeiten verschmelzen Handschrift und Illumination im Dialog mit der Buchkunst des Mittelalters zu einer Kunst, die ihre spezifischen Merkmale der 20er Jahre gleichwohl hervorbringt.
Ebenfalls als Auftragsarbeiten, jedoch vor anderem Hintergrund, entstanden die dekorativen und plastischen Objekte in der Sammlung. Sie beziehen sich alle auf den Sederabend am Pessachfest. Das Pessachfest ist das Fest im jüdischen Kalender, das an den Auszug der Kinder Israels aus der Sklaverei in Ägypten und der anschließenden Volkwerdung erinnert.
Der Auftrag für die Gestaltung der liturgischen Gerätschaften wie Sederschüssel und Handwaschbecken aber auch die dekorativen Wandteppiche mit Segens- und Psalmtexten, zum Teil in Hebräisch, bestickt, geht zurück auf eine Entwicklung Guggenheims, die nach dem Ersten Weltkrieg einsetzte. Sein Judentum rückte nun mehr in den Vordergrund als bisher, und mündete in Guggenheims intensivem Bemühen um die Vermittlung einer modernen jüdischen Identität verbunden mit einer modernen Ästhetik an die nächste Generation. In diesem Bemühen wurde er Teil einer unter den deutschen Juden seit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert entstandenen Bewegung der Rückbesinnung auf ihr Judentum, „Jüdische Renaissance“ bezeichnet, die besonders nach dem Ersten Weltkrieg zu einem Aufblühen jüdischer Kultur in Deutschland führte.
Ausstellung vom 4. August bis 30. September 2011
Herrnstr. 80
63065 Offenbach
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