Mittwoch, 15. Mai 2024

27 Bücher aus der Bibliothek der Brüder Grimm entdeckt

Handschr. erg.: Erstausgabe des „Simplicissimus“ aus dem Besitz der Brüder Grimm
Biblioteka Uniwersytecka w Pozna
Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, deren Arbeits- und Lebensgemeinschaft von ihrer Jugend bis zu Wilhelms Tod im Dezember 1859 bestand, wurden als Märchensammler weltberühmt, waren als Philologen Universalisten und arbeiteten als Bibliothekare. Damit ging naturgemäß der Aufbau einer eigenen, höchst umfangreichen Büchersammlung einher. Der erste Katalog, erstellt nach dem Tod Jacob Grimms, nennt 8141 Titel.

Ein großer Teil davon wurde an die Berliner Universitätsbibliothek verkauft, später trennte sich das Haus von Doubletten – „darunter befand sich eine Menge wertloser Broschüren und Zeitschriftenhefte, die der Antiquar sofort makulierte“, schreibt Ludwig Denecke in seinem gemeinsam mit Irmgard Teitge 1989 herausgegebenen rekonstruierten Verzeichnis der Büchersammlung. Er zeichnet darin nicht nur die enorme Bandbreite der Themen nach, mit denen sich die Brüder beschäftigten, sondern weist auch immer wieder Verluste nach, die anfangs von mangelnder Wertschätzung, später vor allem von zwei Weltkriegen herrührten.

Es ist der Germanistin Eliza Pieciul-Karmińska und der Bibliothekarin Renata Wilgusiewicz-Skutecka zu verdanken, dass nun 27 verloren geglaubte Bücher in der Bibliothek der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen als ehemaliger Grimm-Besitz identifiziert werden konnten. Bereits 2002 waren dort sechs Inkunabeln mit derselben Provenienz entdeckt worden. Die Forscherinnen aus Posen gingen jetzt in der Bibliothek gezielt auf die Suche nach Büchern, die Denecke als Bestandsverlust markiert hatte, und stießen unter anderem auf eine französische Version der Sage von den Haimonskindern, Sebastian Münsters „Cosmographei“ von 1537 und die Erstausgabe von Grimmelshausens „Simplicissimus“, viele versehen mit aufschlussreichen handschriftlichen Anmerkungen der Brüder.

(Tilman Spreckelsen, gesamter Artikel in FAZ, 13. Mai 2024)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen