Montag, 15. August 2022

Pop-Up-Bücher der Sammlung Hartung

Die Deutsche Nationalbibliothek konnte die umfangreiche, über drei Jahrzehnte zusammengetragene Sammlung Hartung mit kintetischen Büchern erwerben, also Bücher mit Aufklapp-, Falt-, Schiebe- oder Ausschnitt-Techniken, welche verschiedene Arten der Illusionen von Räumlichkeit und Bewegung erschaffen.
Martin Engelbrecht: In der Schule, 1780, Reprint. Foto: DNB

Die Druckwerke aus dem 15. (Faksimiles) bis 21. Jahrhundert schlagen Brücken zwischen illustrierten Büchern, Papiertheatern, Scherenschnitten, Daumenkinos und naturwissenschaftlichen Erklär-Tafeln.
Während herkömmliche Bücher durch die Abfolge von Textseiten und ggf. Bildern eine lineare Nutzung bieten, entziehen sich bewegliche Bücher als hybride und vielseitige Medienform der einfachen Kategorisierung. Als Vertreter einer analogen, rein papiernen Multimedialität sind sie Vorboten der digitalen Multimedialität. Sie verbinden wie diese Bild, Bewegung, Text, ja sogar Ton.
Thematisch lässt sich ein großer Teil der Sammlung als Kinder- und Jugendbuchliteratur charakterisieren, bei der Märchen und Sagen sowie Popkultur stark vertreten sind. Es findet sich jedoch auch viel Populärwissenschaftliches sowie einiges explizit Fachliches, wie etwa medizinische oder maschinenbauliche „Modellatlanten“.

F. König: Zerlegbare Modelle v. F. König, 1906. Foto: DNB
Der Bestand spiegelt die Geschichte der kinetischen Literatur von faksimilierten Volvellen (drehbaren Elementen) des 15. über Papiertheater des 18. Jahrhundert bis hin zur Hochzeit der Gattung im späten 19. Jahrhundert. Mit der wachsenden Zahl von Spielbilderbüchern für bürgerliche Haushalte erlebte das Genre damals besonderen Aufschwung. Als Pionier tat sich dabei insbesondere der Maler und Kinderbuchautor Lothar Meggendorfer hervor, der ab den 1870ern die meisten später benutzten Techniken erfand.

(Benjamin Sasse, DNB)

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