Freitag, 1. August 2025

Kleine Malik-Bücherei

Als Bibliophiles des Monats (gleichzeitig die bibliophile Empfehlung im Hamburger Bothen) soll diesmal eine Reprint-Sammlung gelten, eine wieder aufgelegten Buchreihe des legendären Malik-Verlags. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass der sammelnde Bibliophile bestrebt ist, keine Nachdrucke, sondern neben eventuellen Varianten vor allem Originale, am besten als Erstausgabe, in seine Bibliothek einzureihen, mitunter ist es jedoch auch reizvoll oder, speziell für angehende Sammler aus anderen Gründen angebracht, gut gemachte Reprints oder auch Neuauflagen zu erwerben. Das traf für mich speziell für Bücher des Malik-Verlags zu, für die ich mich zu Beginn meiner Sammelleidenschaft Anfang der 70er Jahre interessierte, damals waren die Originalausgaben des Verlags, der zwar vor gut 100 Jahren mit dem Anspruch auftrat, qualitativ hochwertige Bücher preiswert zu verlegen, mit heute teilweise sehr preisgünstigen Angeboten nicht zu vergleichen und zumindest für einen Studenten noch unerschwinglich.
In einer leinengebundenen roten Kassette mit Rückenschild wurden 1981 alle Bände der »Kleine(n) Malik-Bücherei«, die von 1924 bis 1926 in »Der Malik-Verlag, Herzfeld und Gumperz« erschienen sind, von Wieland Herzfelde (1996-1988) im Zentralantiquariat der DDR, Leipzig, neu herausgegeben. Damit wurde eine Auswahl an „künstlerischen und historischen Dokumenten der sozialen und kulturellen Kämpfe aller Völker in Vergangenheit und Gegenwart“, so der Hinweis im Band Eins des Reprints, neu aufgelegt. Diese Ausgabe ist nicht nur inhaltlich eine, zwar kleine, dennoch umfassende Zusammenstellung der proletarisch orientierten Literatur bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, für den Bücherfreund erlaubt diese Ausgabe zugleich einen Einblick in die verschiedenen Gestaltungsvarianten des Verlags und die Arbeit der Druckereien dieser Zeit. Für die von John Heartfield in der Regel zweifarbig gestalteten Einbände wurden u.a. Zeichnungen von Honoré Daumier, George Grosz, Bob Minor, Rudolf Schlichter, Adolph Menzel, Theophile Steinlen oder Frans Masereel genutzt, der Druck erfolgte bei „Nobertus“ Buch- und Kunstdruckerei oder Koch & Werner, beide Wien, von der Buchdruckerei Gustav Ascher oder in den Brandenburgischen Druckwerkstätten, beide Berlin, von F. Ullmann, Zwickau, oder Julius Klinkhardt, der Spamerschen Buchdruckerei und J.B. Hirschfeld, alle Leipzig.
Die 20bändige Ausgabe enthält in fadengehefteten Pappbänden im Klein-Oktav-Format u.a. „Der Bürgerspiegel“, tschechische Lieder und französische Revolutionslieder, 3 Aufsätze von George Grosz und Wieland Herzfelde unter dem Titel „Die Kunst“ und von Majakowsky (Schreibweise des Originals) „150 Millionen“ in der Nachdichtung von Johannes R. Becher, Texte von Albert Ehrenstein, Victor Hugo, Wera Figner, Georg Herwegh, Upton Sinclair, Georg Forster und Maxim Gorki.
Bd 3 mit Signatur Stefan Hermelin
Die Neuausgabe der »Kleine(n) Malik-Bücherei«, die vom Reprintverlag, einer (mit dem vornehmlichen Ziel der Devisenerwirtschaftung geschaffenen) Abteilung des Zentralantiquariats der DDR gefertigt und im Nationalen Druckhaus in Berlin gedruckt wurde, „erschien“ 1981 in identischer Ausstattung auch in der BRD in der Athenäum Verlags GmbH, Königsstein, wobei in dieser Ausgabe der tatsächliche Ort der Herstellung, des Drucks und des Erscheinens im Impressum unerwähnt bleibt.
Bd. 19, Slang, Panzerkreuzer Potemkin, Fotos © ad
Der hier als bibliophile Empfehlung vorgestellte fotomechanische Reprint des Zentralantiquariats der vor 100 Jahren erstmalig publizierten Reihe »Kleine Malik-Bücherei« stellte, von mir allerdings erst in den 90ern auf dem Flohmarkt erworben, einen doppelten Glücksfall dar, habe ich doch nicht nur den ohnehin preisgünstigen Nachdruck billig erstandenen, ich fand darin als Zugabe in der bestens erhaltenen Sammlung noch eine originale Widmung des Herausgebers Wieland Herzfelde.

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