Donnerstag, 11. Mai 2023

eine Erinnerung

Heute vor 40 Jahren ist unser gemeinsamer Katalog zur Bücherverbrennung erschienen. Den Umschlag habe ich mithilfe von Fotos zu einer Umschlagcollage gestaltet, die Buchstaben mit Letraset abgerubbelt. Das Katalogmanuskript mit einer IBM-Kugelkopfschreibmaschine abgetippt und jedes Mal den Kugelkopf für h'fett, kursiv und die Anmerkungen ausgewechselt; die Abbildungen sind damals in der Reproanstalt angefertigt worden und die Titelaufnahmen selbstverständlich auf Karteikarten getippt sowie mit der Hand im Karteikasten geordnet. Die vorangestellten biographischen Kurznotizen mithilfe von Nachschlagewerken, Zeitzeugen bis hin zu Telefonaten nach Australien und anderswo zusammengetragen.

Als Mitinhaber der Firma Carl Wegner konnte ich Dank meines Freundes Gert Hammerby in Kopenhagen Teile der Bibliothek von Herbert Steinthal erwerben, besonders Werke von Bertolt Brecht, Franz Kafka, Irmgard Keun und seltene Ausgaben von Erich Kästner. In Berlin Bücher aus der Bibliothek des Theaterkritikers Herbert Ihring und vor allem der Nachlass des Dadaisten Karl Döhmann (äußerst seltene Schriften aus dem Umfeld der Dadaisten und Expressionisten); er selbst publizierte unter dem Pseudonym Edgar Firn und Daimonides - ich habe ihn drei Jahre zuvor kennengelernt.
 
Kleine Anmerkung, weil beide in Deutschland weitgehend unbekannt sind: Gert Hammerby hat im Mai 1943 die erste illegale dänische Widerstandszeitschrift "Fri Press" herausgegeben und war nach dem Krieg Journalist bei der dänischen Tageszeitung "Politiken" in Kopenhagen sowie u.a. kurz nach Kriegsende Korrespondent in Berlin. Herbert Steinthal war ebenfalls Journalist, Theater- und Filmkritiker bei "Politiken" und während des Krieges der Briefkasten für viele Exilanten, u.a. für Joseph Roth - Irmgard Keun, Walter Mehring und seine Mutter in Berlin, sowie für Erich Kästner. Neben dem Journalismus war er als Übersetzer für Irmgard Keun, Erich Kästner, Robert Neumann, Franz Kafka tätig, später für Heinrich Böll.

Lange her - ich denke an meine Kollegen Waltraud Materne und Carlos Kühn.

(Michael Lehr, 10.Mai 2023 auf Facebook)

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