Mittwoch, 31. August 2022

Cut. Schnitte, die den Raum bedeuten

Mit einer neue Ausstellung „Cut“ präsentiert das Klingspor-Museum Arbeiten aus Papier, geschnitten, gerissen, gestanzt oder gelasert. Das Spektrum der Exponate ist breitgefächert und reicht vom Scherenschnitt über Bücher, Grafiken bis hin zum Objekt. Durch Schnitte erhält das Buch eine dritte Dimension. Dabei können Durchblicke entstehen, die auch die zeitliche Dimension sprengen, die sonst das Blättern vorgibt. Pop ups zeigen raffinierte Klappelemente, die sich beim Aufschlagen des Buches entfalten. Vollends zur Plastik wird das Buch bei Helfried Hagenberg: durch Schnitte in den Buchkörper schafft er psaligrafische Skulpturen.

Schnitte sind ambivalent und können vielfältige Bedeutungen haben: eine Verletzung, die Preisgabe des Inneren, aber auch eine Öffnung nach außen, Kommunikationsmöglichkeit des sonst Verschlossenen mit der Außenwelt. Gerade zeitgenössische Buchkünstler haben sich immer wieder mit der gezielten Verletzung des fragilen Werkstoffs Papier auseinandergesetzt und Buchkunstwerke geschaffen deren Bucharchitektur den RezipientInnen an Stelle des linearen Erkundens die räumliche Wahrnehmung des Buchkörpers ermöglichen.
Water under the bridge. Mark Wagner, Christopher K. Wilde
© Mark Wagner, Christopher K. Wilde, Foto Klingspor Museum
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Technik, mit der Schere Silhouetten zu schneiden. In Offenbach griff der große Schriftgestalter Rudolf Koch die alte Technik auf und wurde zu einem Meister des Scherenschnitts. Liebevoll portraitierte er das eigene Familienleben aber auch seine Arbeitswelt. So zeigt er die Entstehung von Schriften in der Schriftgießerei Gebr. Klingspor vom Entwurf bis zur Auslieferung der fertigen Type. Eine zeitgenössische Position ist mit einer großformatigen Arbeit von Sonja Jakovleva in der Ausstellung vertreten. Dreidimensional hingegen sind die Schriftinstallationen von Corinna Krebber. Sie reichen von raumgreifenden Schrift-Skulpturen bis zu fragilen Papiergebilden, die in zarten verschlungenen Schriftbändern mäandern. Jonathan Safran Foer schafft in seinem Künstlerbuch „Tree of codes“ durch Ausstanzungen von Textpassagen einer Erzählung von Bruno Schulz eine neue Geschichte in Form eines skulpturalen Papierobjekts. Das Pop-up-Buch mit seinen dreidimensionalen Panoramen hat Eingang in die Welt des Künstlerbuches gefunden. Sjoerd Hofstras Bearbeitung von Euklids „Elemente der Geometrie“ bezeugt dies eindrucksvoll. Der Papierkünstler Philippe UG schafft Kunstwerke für Kinder, die auch die erwachsenen Betrachter faszinieren. Neben weiten Arbeiten werden Werke von AG Fronzoni, Antoni Tapiès, Dieter Roth und Bruno Munari gezeigt.

Eröffnung: 16. September, 19 Uhr
Ausstellung: 17. September - 27. November 2022

Klingspor-Museum
Herrnstraße 80, 63065 Offenbach

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