Sonntag, 11. Dezember 2016

„Bruder Luther“ und eine Speisekarte zum Jahrestreffen

Viel beschäftigt. Julia und Rainer Ehrt in ihrem Atelier. Foto: Manfred Thomas
»Ein offenes Atelier zur Adventszeit, so außerhalb der regulären Anlässe? Ein Schalk, wer Grobes dabei denkt! Das Kleinmachnower Künstler-Ehepaar Julia und Rainer Ehrt öffnete am Wochenende die ihren, und das war selbstverständlich gut so, denn sie haben viel zu zeigen und zu bieten. Beide sind ja so bekannt wie auch so präsent, dass man sie nicht mehr vorstellen muss, die Dame mehr in der Welt des Holzes, der Herr mehr bei der Produktion von Bildern und kunstvoll gearbeiteten Büchern, die auch schon mal Raum für eigene Texte finden.
[...] bei Rainer Ehrt, ja was erwartet man denn – Bilder an Wänden, in Regalen, Tische mit Mappen und seiner Buchproduktion, vom fast noch druckfrischen Kalender zum Lutherjahr 2017 über seine Preußenbücher bis zu Heiner Müllers „Mommsenblock“, eine Bestellliste zu „Bruder Luther“ aus der Edition Ehrt (16 Titel seit 1994) liegt gleich daneben. Das ganze Spektrum, er ist sozusagen ein vielseitig ausgebildeter und auch vielseitig interessierter Künstler, dazu ein bekennender „Menschenmaler“ mit ungewöhnlichem Fleiß. Und hat auch Ansichten zu Politik und Weltgerechtigkeit. Dies alles sind heute beinahe schon Extratugenden, „alte Schule“ eben, er ist eben ein „Giebichensteiner“ der 80er-Jahre, das heißt immer „Qualität“. Alles in allem eine hervorragende Grundlage, beim offenen Werkatelier mit ihm zu plaudern, zu fragen, warum er Luther zum Wahlbruder nimmt, weshalb ihn der Alte Fritz einfach nicht loslässt. Warum die Welt so ist, wie sie ist. Und wie er sie in seiner gründlichen Belesenheit abbildet, vorgeformt durch Kafka, Rilke, Müller, Friederich, Brecht und eben Luther, den großen Weltveränderer, den er durchaus kritisch sieht, dessen „religiösen Rigorismus“ er aber durchaus zu schätzen versteht. Wer hat ihm die Figuren „vorgemacht“? – „Mein Kollege Cranach!“
[...] Eine Ausstellung nächstes Jahr in Potsdam wird gerade konzipiert, er ist in zwei guten Galerien Dauergast, er hat sogar aus dem Reich der Pirckheimer-Gesellschaft Aufträge bekommen, unter anderem die Gestaltung einer Speisekarte. „So so,“ sagte sein Kollege Alfred Hrdlicka „nicht, alle Kunst ginge vom Fleische aus?“ Wenn das kein „gefundenes Fressen“ ist, für einen wie Ehrt...«» «
(Gerold Paul PNN, 05.12.2016 Seite 10)

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