Mittwoch, 4. Dezember 2013

Ein Plädoyer für das gedruckte Buch

"... Aber was ist nun mit der Zukunft des Buches? ...
Das elektronische Buch wird wohl so schnell nicht mehr verschwinden. ... diese Art des Lesens ... ist mir zu flüchtig, ... Ein elektronisch aufgerufener Text, dem die Haptik der Bucherfahrung fehlt, rauscht ziemlich rasch durch das Gedächtnis und verschwindet auf Nimmerwiedersehen.
Ein Buch in Händen halten, Seiten umblättern, es zuschlagen und wieder aufschlagen, das ist ein anderer Vorgang, als einen Text elektronisch einzuspielen und mit den Augen zu verfolgen. Ganz einfach, weil der Körper beim konventionellen Lesen stärker beteiligt ist und das gedruckte Buch ein habhaftes Objekt ist. Ich weiß manchmal noch bei Büchern, die ich vor Jahren gelesen habe, wo ungefähr sich die Stelle finden lassen müsste, nach der ich suche – im letzten Drittel, auf der rechten Seite, wahrscheinlich oben.
Elektronisch vermittelte Texte rauschen bei mir ziemlich durch ... Meinen geliebten Doderer, meinen geliebten Kafka, niemals wollte ich deren Bücher in elektronischer Form wiederlesen. Gar nicht zu reden davon, dass manche Bücher als Objekte wirklich schön sind. In meinem Regal stehen zwei zerfledderte, sehr hübsche Kinderbücher ..., über deren Rücken ich manchmal liebevoll mit dem Finger fahre, eben ganz wie ein echter Liebhaber.
... es erbost mich zutiefst. Einige amerikanische Großfirmen, allen voran Amazon, sind ja bereits eifrig beschäftigt, elektronische Buchdienste anzubieten. ... Wenn ich eine Firma hasse, dann diese! Amazon bezahlt keine Steuern in den Ländern, in denen dieser widerliche Klub eine Menge Geld verdient, er bezahlt seine Angestellten empörend schlecht, ruiniert die Buchhändler und zunehmend auch die Verlage. ...
Jedenfalls halte ich dem gedruckten Buch, den erstklassigen Verlagen und den Buchhändlern, die ich liebe, die Treue, schwatze vergnügt mit ihnen und lasse mich von ihnen auch gern auf etwas hinweisen, was mir bisher entgangen ist. ...
Komme, was wolle, ich glaube an die Zukunft des Buches zwischen zwei Deckeln ..."
(© Sibylle Lewitscharoff)

Mit dem vorliegenden, aus urheberschutzrechlichen Gründen nur in Zitaten wiedergegebenen Text hat Sibylle Lewitscharoff die sechste internationale Buchmesse "Buch Wien" eröffnet. Der gesamte Text hier.

Siehe auch: Die Zukunft des Buches

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