Dienstag, 26. Februar 2013

Gottlieb Pfannekuchen

Zwei Exemplare von Gottlieb Pfannekuchens Schrift „Die neuen Schildbürger“ (Berlin, Hoffmann & Comp., 1895. VII, 133 S. mit Illustrationen von Ludwig Stutz) werden derzeit im ZVAB angeboten. Gottlieb Pfannekuchen allerdings ist ein etwas ungewöhnlicher Name, und der Verdacht, der Autor habe sich hinter einem Pseudonym verbergen wollen, liegt sehr nahe. Die zur Verfügung stehenden Anonymen- und Pseudonymenlexika helfen hier aber nicht weiter. Aufklärendes hat nun der Zufall bei systematischer Suche nach ganz anderem Material zutage gebracht.
Die National-Zeitung, ein von 1848 bis 1910 erscheinendes liberales Blatt, bringt in der Abendausgabe vom 8. Oktober 1898 eine Nachricht zum Ableben des Gymnasialdirektors a. D. Carl Schmelzer (1834-1898), der auch für die national-liberale Partei in zwei Legislaturperioden Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses war. Zu dieser Meldung gibt es in der Morgenausgabe vom 11. Oktober im zweiten Beiblatt der National-Zeitung eine Ergänzung aus der Feder von Johannes Trojan, der damals Chefredakteur des „Kladderadatsch“ war.
Trojan schreibt u. a.: Er war journalistisch und auch auf dem Gebiete der schönen Literatur [...] thätig. Von ihm rührt ein humoristisches kleines Werk „Die neuen Schildbürger“ (Verlag von Hofmann u. Co. in Berlin) her. Er ist, was nur seinen Vertrauten bekannt war, eine Reihe von Jahren stiller Mitarbeiter des „Kladderadatsch“ gewesen. [...] Von ihm sind im „Kladderadatsch“ die „Novae epistolae virorum obscurorum“, die Vielen Vergnügen bereitet haben.
Die „Novae epistolae“ sind in Latein geschriebene antiklerikale Polemiken, als deren Autor der preußische Schulmann und Abgeordnete sich wohl nur ungern erkannt sehen mochte. Auch bei der Gesellschaftssatire der “neuen Schildbürger“ muss er gefürchtet haben, dass das Bekanntwerden seiner Autorschaft ihm Unannehmlichkeiten hätte bereiten können. Nun aber ist er dank Trojans lange Zeit unbeachtetet gebliebener Mitteilungen enttarnt und kann in die Lexika aufgenommen werden.
(Ulrich Goerdten)

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