Mittwoch, 1. März 2023

Bibliophiles des Monats: Totentanz

Bibliophiles des Monats für den März ist der vom Pirckheimer Bernd Friedrich Schulz vorgeschlagene, 1785 bei Heinrich Steiner und Comp. erschienene Titel von Johann Karl August MusäusFreund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier“, illustriert von Johann Rudolf Schellenberg.
Klick auf die Abb. ruft den Titel aus dem Bestand der UB Düsseldorf auf
vor Seite 89, Der Wucherer
Bernd Friedrich schreibt dazu: Das uns einzige Gewisse, was letzten Endes alle Menschen wieder gleich macht, das ist der Tod.
Spätestens seit der Pest im Mittelalter entstanden so genannte Totentanzdarstellungen mit begleitenden Dialogversen, zuerst wohl in Paris, später in Bern, in Basel und anderswo an Friedhof- und Kirchenmauern.
Auf solchen Totentanz-Fresken, beginnend beim obersten Kirchenfürsten, dem Papst bis hinab zum Säugling werden diese vom personifizierten Tod zum unausweichlichen, zum allerletzten Tanz gebeten.
Die bekannten Fresken des 15. Jahrhunderts sind so gut wie nicht mehr vorhanden, bis auf eine Ausnahme: Der beeindruckende Reigen im Turm der Berliner Marienkirche!
Dem breiten Volk jener Zeit war es ein gewisser Trost, dass alle Oberen letzten Endes auch mit dran glauben mussten, selbst dann, wenn diese der Pesttod verschont hatte.
Ende des 15. Jahrhunderts tauchten Totentanz-Reime mit dazugehörigen Abbildungen in Büchern auf. Ein künstlerisch besonders überzeugender sehr umfangreicher Totentanz-Zyklus lässt sich in etlichen Pariser Stundenbücher finden - und wen wundert´s, männlich und weiblich streng voneinander getrennt: „Danse des Hommes et des Femmes“.
Unzählige Grafikenfolgen späterer Jahrhunderte, so die von Hans Holbein, behielten das vertraute Schema überwiegend bei, auch Grieshaber in seinem großformatigen Totentanz von 1966.
vor Seite 37, Unvollkommene
Dienstbeflissenheit
Völlig anders, absolut eigenständig das Gemeinschaftswerk zwischen dem Schweizer Illustrator Johann Rudolph Schellenberg und dem deutschen Dichter Musäus, 1785 in Winterthur erschienen - und jene abwegige Titelerweiterung „... in Holbeins Manier“ ist wohl nur ein verlegerischer Trick!
Diese fünfundzwanzig satirischen Radierungen, zu denen Musäus passende Texte verfasste, sind eher als Memento Mori anzusehen und brillieren durch außergewöhnliche Originalität, inhaltlich sowie gestalterisch und besitzen einen auffällig deutlichen Zeitbezug. Das macht dieses recht seltene Werk so einzigartig. Alles ist völlig frei erfunden und gekonnt detailreich dargestellt.
nach Seite 134, Raub der Falle
Reproduktion aller Abb. aus seinem
Bestand, © Bernd Friedrich Schulz
Bei Schellenberg finden wir ein am Himmel brennendes Luftschiff, ein umstürzendes Bücherregal, welches den Büchersammler erschlägt, den Tod mit dem Hauptgewinn für einen Lotteriespieler in der Hand...
Und dann als Abschluss, der Tod zwischen Grafiker und Dichter stehend, beide zugleich herzlich umarmend.
Für uns recht bedauerlich, war das verwendete Papier nicht von bester Qualität, wodurch makellose Exemplare dieses Buches so gut wie nie zu finden sind.

Das Buch wird durch die Uni-Bibliothek Düsseldorf online bereitgestellt, aufzurufen über die obige Titelabbildung. Die Totentanz-Vereinigung Schweiz stellt das Buch ebenfalls vor, klick hier.
Zum Betrachten der Abbildungen diese bitte anklicken, danach (mittels rechter Maustaste) "Bild in neuem Tab öffnen", dieses erneut anklicken ...

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